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Berichte

Gegen Krieg und EU-Verfassung

Europäisches Sozialforum endete mit Großdemonstration in Paris

(Wolfgang Pomrehn) 

Wir müssen weitergehen, wir brauchen einen Generalstreik gegen die Besatzung des Irak«. Petros Constantinou von der griechischen Kampagne »Genua 2000« brachte die Stimmung vieler Aktivisten aus ganz Europa auf den Punkt. Entsprechend stürmischen Applaus gab es für Appelle wie diesen, als am Sonntag in Paris die Versammlung der Sozialen Bewegungen zusammentrat. Seit Mittwoch abend hatten rund 50 000 Teilnehmer aus ganz Europa und den südlichen Mittelmeerländern auf dem Europäischen Sozialforum (ESF) diskutiert.

Ähnlich kämpferisch wie Constantinou waren auch viele der hunderttausend gestimmt, die am Samstag zum offiziellen Abschluß des Forums in Paris demonstrierten. »Für ein Europa des Rechts in einer Welt ohne Krieg« war das Motto der Manifestation, an der auch eine ganze Reihe deutscher Gewerkschafter teilnahm. Die IG-Metall-Vertrauensleute von VW Wolfsburg hatten zum Beispiel eigens einen Bus nach Paris organisiert, um für die 30-Stunden-Woche zu demonstrieren. Neben sozialen Forderungen wie diesen waren auch viele Transparente gegen die Besetzung des Irak und manche palästinensische, kubanische und venezolanische Fahne zu sehen.

Auf dem ESF hatte unterdessen die Vielfalt der Themen von radikaler Arbeitszeitverkürzung und Grundeinkommen für alle über den Zusammenhang zwischen Welthandelsorganisation und Gentechnik bis zu den Rechten von Einwanderern und der restriktiven, nicht selten tödlichen Politik der EU gegen Flüchtlinge gereicht. In vielen Seminaren und Arbeitsgruppen kam dabei die Rede immer wieder auf die geplante EU-Verfassung. Die sei, hieß es am Sonntag in einer Erklärung der sozialen Bewegungen, ein neoliberales Projekt, das den Wettbewerb in den Verfassungsrang erhebe und zudem noch die Militarisierung und Aufrüstung festschreibe. Daher gerät der Verfassungsvertrag, auf den sich die EU-Regierungen vermutlich schon im Dezember einigen werden, immer mehr ins Visier von Gewerkschaften und Friedensorganisationen. In Italien, Frankreich, Dänemark und anderen Ländern laufen bereits Kampagnen gegen das EU-Grundgesetz an.

Weitere wichtige Themen des ESF waren die Besetzung des Irak und Israels Politik in den besetzten palästinensischen Gebieten. Am Sonntag einigte man sich darauf, den 20. März in Absprache mit der US-Friedensbewegung zum internationalen Aktionstag zu machen. Dabei sollen der sofortige Abzug der Besatzer aus dem Irak und die Wiederherstellung der Souveränität des irakischen Volkes gefordert werden. Auch gegen die Besatzungspolitik Israels und insbesondere die Mauer in der Westbank sollen sich die Aktionen richten. Während sich allerdings in Griechenland, Italien und auch Großbritannien Gewerkschaften in größerem Maße an den Antikriegsaktionen beteiligen wollen, ist man andernorts – nicht nur in Deutschland – davon noch weit entfernt.

Entsprechend versuchten linke Gewerkschaftsaktivisten auf dem Treffen der deutschen Delegation in Paris, die Begeisterung vieler jüngerer Teilnehmer für einen Generalstreik ein wenig zu dämpfen. Man sollte seine Ziele nicht zu hoch stecken, meinte z. B. Bernt Kamin, Betriebsratsvorsitzender im Hamburger Hafen. Aber die Betriebe müßten unbedingt politisiert und eine Bewegung gegen Sozialkahlschlag von unten aufgebaut werden. Daher war es vielen deutschen ESF-Teilnehmern besonders wichtig, daß man sich in Paris auf einen europaweitenAktionstag gegen Sozialabbau einigt.

Auch Horst Schmitthenner vom IG-Metall-Vorstand sprach sich in der Diskussion dafür aus, warnte aber, den Gewerkschaften einfach einen Termin vorzusetzen. Das sah der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske, der ebenfalls nach Paris gekommen war, ähnlich. Und da sich auch die kämpferischen Gewerkschaften Italiens noch nicht festlegen wollten, wird man nun zur Enttäuschung vieler junger deutscher Aktivisten zunächst abwarten, was der Europäische Gewerkschaftsbund am 4. Dezember entscheidet.

(Quelle: junge Welt,  http://www.jungewelt.de/2003/11-17/001.php)

 

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