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Weltsozialforum: Dreigeteilt und Dezentral

Am Donnerstag startet in Mali das afrikanische Sozialforum. Wie viel Sinn machen solche Treffen? Ein Gespräch mit Walden Bello, einem der führenden Intellektuellen der Anti-Globalisierungsbewegung.

(Interview von Christoph Fleischmann, Deutsche Welle)

Seit 2001 treffen sich Globalisierungsgegner aus aller Welt zum Weltsozialforum. Im vergangenen Jahr trafen sich rund 150.000 Menschen in Porto Alegre (Brasilien). Dieses Jahr präsentiert sich das Weltsozialforum in neuer Form: dreigeteilt und dezentral. Das afrikanische Sozialforum startet am Donnerstag (19.1.2006) in Bamako (Mali), das südamerikanische folgt die Woche darauf (24.1.-29.1.) in Caracas in Venezuela und im März treffen sich dann vornehmlich asiatische Globalisierungsgegner im pakistanischen Karachi.

Ob drei große Weltsozialforen in einem Jahr der Weisheit letzter Schluss sind, ist sich Walden Bello, Mitglied im Rat des Weltsozialforums und gleichzeitig Direktor der Nichtregierungsorganisation Focus on the Global South in Bangkok, keineswegs sicher. Dennoch plädiert er dafür, mehr dezentralisierte Foren auf lokaler Ebene zu organisieren. Er weiß, wie viel Arbeit in den großen Massentreffen steckt. "Meine Organisation war an den Vorbreitungen für das Weltsozialforum in Mumbai beteiligt. Das war nicht leicht und hat viel Energie gekostet." Das bedeute aber nicht, dass man auf große Treffen gänzlich verzichten sollte. "So ein großes Treffen brauchen wir aber nicht jedes Jahr, sondern vielleicht nur alle zwei Jahre."

Bello kämpft gegen WTO

In seinem Buch "De-Globalisierung" hat Walden Bello im Jahr 2002 die Losung ausgegeben, die Anti-Globalisierungsbewegung solle versuchen die Doha-Runde der Welthandelorganisation zu sprengen. Beim Ministertreffen in Cancun im Jahr 2003 hatten die Globalisierungsgegner Erfolg: Die Entwicklungsländer verweigerten sich einer Einigung, die ihnen zu wenig eingebracht hätte. Bello will die Welthandelsorganisation (WTO) nicht reformieren, sondern schwächen. Beim letzten großen Treffen der WTO in Hong Kong seien sie dem Ziel nahe gewesen.

Dort sei es um das Überleben der WTO als Institution gegangen. "Ein dritter Kollaps hätte den Status der WTO als Motor der Handels-Liberalisierung in Frage gestellt", so Bello. "Nun haben aber Indien und Brasilien mit der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten kooperiert, um doch noch ein Abkommen zustande zu bringen, das halbwegs Substanz hat und die WTO gerettet hat. Die wahre Bedeutung von Hong Kong ist, dass Indien und Brasilien nun zu den Big Boys der Welthandelsorganisation dazugehören."

"Lula hat enttäuscht"

Das Abkommen von Hong Kong, das mit Hilfe der beiden Schwellenländer durchgesetzt wurde, ist nach Ansicht von Bello schlecht für die Entwicklungsländer. "Alles was sie erreichen konnten, war ein Datum für das Ende der Exportsubventionen festzulegen. Aber das Entwicklungspaket enthält kaum etwas Substantielles. Das gibt selbst das Magazin 'Economist' zu."

Walden Bello ist enttäuscht vom brasilianischen Präsidenten Lula da Silva, der im Jahr 2003 noch auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre gefeiert wurde. Bei dem Weltsozialforum in Caracas in Venezuela wird sich nun ein anderer Staatsmann den Globalisierungsgegnern empfehlen: der venezolanische Präsident Hugo Chávez, der gegenüber Amerika immer wieder Selbstbewusstsein demonstriert.

Mehr Autonomie für Entwicklungsländer

Kürzlich half Hugo Chávez der argentinischen Regierung, ihre Schulden beim Internationalen Währungsfonds vorzeitig zurück zu zahlen. Nun sei man die lästige Einmischung des Fonds los, freute sich Argentiniens Präsident Nestor Kirchner. Brasilien zahlte ebenfalls letztes Jahr seine Rest-Schulden zurück. Damit gehen dem Währungsfonds langsam die Kreditnehmer aus.

Auch in der konservativen Wirtschaftspresse kann man von einer nötigen Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) lesen. Bello sieht darin die Chance, die den Globalisierungsgegnern verhasste Organisation zu schwächen - zugunsten von mehr wirtschaftlicher Autonomie der Entwicklungsländer. "Man muss jetzt auf eine Abschaffung des Internationalen Währungsfonds drängen. Viele sind vom IWF enttäuscht, selbst einige Sektoren der US-amerikanischen Eliten." Die Zeit sei reif für eine Kampagne für die Auflösung de IWF.

Der 1945 geborene philippinische Menschenrechtler Walden Bello gilt als profiliertester Globalisierungskritiker in Asien und wurde in den 1980er Jahren bekannt, als er gegen Kredite der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds an das Marcos-Regime auf den Philippinen protestierte. Für seinen Einsatz als als Globalisierungskritiker erhielt er 2003 den alternativen Nobelpreis. Zuletzt erschien auf Deutsch von Walden Bello eine Essaysammlung mit dem Titel De-Globalisierung.


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