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Berichte

ParlamentarierInnentreffen

(von Julia Gerber Rüegg, Schweizerisches Arbeiterhilfswerk)

Es brodelt in der Mittaghitze rund um das Moi-International– Stadion. Die Rhythmen afrikanischer Trommeln lassen das Zwerchfell fibrieren. Überall tanzen bunt gekleidete Frauen, Männer und Kinder und verbreiten eine gute, ja fast euphorische Stimmung. Eine andere Welt ist möglich! Wasser ist jetzt zum halben Preis zu kaufen. Auch an den Ständen wird rege gehandelt. Alles muss weg!

In einem kühlen Raum im Stadion drin geht es ebenfalls hitzig zu. Parlamentarier und auch ein paar Parlamentarierinnen aus allen möglichen Ländern suchen nach einer gemeinsamen Botschaft. Die Übersetzung funktioniert nicht. Einer echauffiert sich in einer viel zu langen Rede über die Unhaltbarkeit der europäischen Handelsabkommen mit Afrika, während andere in kleinen Gruppen mehrsprachig und heftig über die Formulierungen im vorliegenden Entwurf zum Irak-Krieg, zum IWF und zur WTO diskutieren.

Ich erobere mir ein Exemplar des umstrittenen Papiers. Finde darin keine Aussage zu Arbeitsrechten im Sinne von „Decent Work for a Decent Life“, und kein Wort zu den Forderungen der Frauen. Dabei ist gerade die prekäre Situation vieler Frauen in den vergangenen drei Tagen überall in Erscheinung getreten, und daraus leiten sich viele Forderungen für eine andere Welt ab.

Doch wo sind sie geblieben, die Forderung nach menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen für Frauen und Männer? Wie kann ich sie in diesem Durcheinander wieder zum Thema machen? Ich suche Verbündete. Zum Beispiel die Präsidentin der österreichischen Grünen. Da kann man sich sogar auf Deutsch verständigen - das macht es einfacher. Doch die Grünen wollen an eine Demo und verlassen das bunte Treiben. Der nette, für Genderanliegen sensibilisierte Holländer, den ich tags zuvor kennen gelernt habe, freut sich über mein Engagement. Aber er will “sich da nicht einmischen”.

Schliesslich bitte ich den Genfer Grossrat Jean Rossiaud, der - obwohl Grüner - nicht zur Demo gegangen ist, sich mit seinem Gewicht als Nationalrat und Mann einzusetzen und wenigstens die IAO-Normen zu den Arbeitsbedingungen für Männer und Frauen in die Botschaft der Parlamente einzubringen, binde mein Kopftuch gegen die erbarmungslose Sonne um und lass mich in der Menge der Tanzenden und handelnden Menschen treiben.

Die Veranstaltung sei dann doch noch ganz interessant geworden berichtet mir Jean am Abend. Und die IAO-Standards seien jetzt im Text enthalten. Das hilft den Frauen auch schon ein Stück weiter, wenigstens denen, die eine Arbeit haben, und wenn sich das eine oder andere Parlamentsmitglied bei seiner Arbeit zuhause vielleicht wieder daran erinnert.

So oder so: Dank Jean! Dieses und die Deklarationen zu den 21 anderen Themen des WSF 2007 werden heute Nachmittag an der Schlusskundgebung verlesen und sollen auf der Webseite aufgeschaltet werden.

(Julia Gerber Rüegg ist Mitglied der Sozialdemokratische Partei der Schweiz, Kantonsratsfraktion Zürich)

 

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