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BerichteEin vielstimmiger Chor gegen die Armut In Nairobi ist das siebte Weltsozialforum zu Ende gegangen / Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum
(von HENRY LOHMAR, Märkische Allgemeine) POSTDAM/NAIROBI - Die Meldung entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Ausgerechnet beim Weltsozialforum in Nairobi haben hungrige Straßenkinder ein üppiges Buffett gestürmt und sich über die Speisen und Getränke hergemacht. Dabei seien einige Theken und Servierwagen zu Bruch gegangen, berichtete die kenianische Zeitung "Daily Nation" gestern. "Das Essen ist hier viel zu teuer, das können wir uns nicht leisten. Dabei soll es doch eine Veranstaltung für die Armen sein", wurde eines der Kinder zitiert. Polizisten hinderten die Jungen und Mädchen aus den Slums daran, einen weiteren Ess-Stand zu stürmen. Der Vorfall kann den Organisatoren des Forums gar nicht recht sein. Ist das jährliche Treffen der Globalisierungskritiker doch als Gegenmodell zum exklusiven Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos angelegt näher dran an den Menschen und eben nicht polizeilich abgeschottet. In diesem Jahr fand das Treffen erstmals nur in Afrika statt, gestern ging es mit einem Solidaritätslauf und einer Kundgebung im Zentrum von Nairobi zu Ende. Die Veranstalter zogen eine positive Bilanz, auch wenn das Interesse nicht so groß war wie erwartet. Statt der prognostizierten 100 000 Teilnehmer waren nur rund 50 000 gekommen. "Das lag vor allem an den Reisekosten und den leider recht hohen Eintrittspreisen", sagte Michael Hippler, Afrika-Chef des katholischen Hilfswerks Misereor, in einem Gespräch mit der MAZ. Hippler hat ein "großes Begegnungsfest der verschiedenen sozialen Bewegungen in der Welt" erlebt, auf dem sich insbesondere die Afrikaner mit viel Lebensfreude und Engagement präsentiert hätten. Die Themen der rund 1000 Einzeltreffen lauteten: Menschenrechte, globale Armutsbekämpfung, Minderheitenschutz, Aids, Landbesitz, Umwelt, Frauenrechte. Eine offizielle Abschlusserklärung gibt es traditionell nicht, das Forum gilt in erster Linie als Plattform zum Austausch. Ein Adressat der Proteste war die Europäische Union. Mehr als 1000 Menschen demonstrierten vor der EU-Botschaft in Nairobi gegen die geplanten regionalen Wirtschaftsabkommen mit den so genannten AKP-Ländern (aus der Region Afrika, Karibik, Pazifik). "Diese Staaten werden zur Marktöffnung gezwungen, damit gehen ihnen Importzölle und somit ein großer Teil der Staatseinnahmen verloren", so Annette Groth von Attac, die ebenfalls in Nairobi dabei war. Kritik mancher Teilnehmer, dass die 2001 ins Leben gerufene Veranstaltung an Schwung verloren habe, wollte Michael Hippler von Misereor nicht gelten lassen. "Es geht darum, die Stimmen der Armen zu Wort kommen zu lassen. Das ist ein schwieriges Geschäft." Als Lautsprecher soll dabei Mary Robinson fungieren. Die ehemalige irische Präsidentin und UN-Hochkommissarin für Menschenrechte unterstützte Forderungen nach sozial- und umweltverträglichen Rahmenbedingungen bei der Rohstoffgewinnung. Robinson reist von Nairobi zum Weltwirtschaftsforum in Davos, wo sie sich für die Forderungen der Globalisierungsgegner einsetzen will. |
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Aus www.weltsozialforum.org, gedruckt am: Fr, 01.11.2024
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