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Berichte

»Das Recht der Iraker auf Widerstand anerkennen«

Am 19. März gibt es in den USA Hunderte Demonstrationen gegen den Irak-Krieg. Druck auf die Kongreß-Abgeordneten. Ein Gespräch mit Medea Benjamin

(Interview: Wolfgang Pomrehn, junge Welt)

* Medea Benjamin vertrat auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre Cod Pink, ein US-amerikanisches Frauen- Friedensnetzwerk.

F: Wie steht die US-Bevölkerung zum Krieg im Irak?

Die Situation ist kompliziert. Vor den Präsidentschaftswahlen hat Bush gesagt, daß es ihm um ein Mandat für den Krieg geht, das er nun scheinbar bekommen hat. Meinungsumfragen zeigen jedoch, daß die Mehrheit der Bevölkerung gegen den Krieg ist. Andererseits ist eine Mehrheit auch der Meinung, daß ein sofortiger Truppenabzug zu einem Bürgerkrieg führen würde. Die Mehrheit ist also gegen den Krieg, aber noch nicht überzeugt, daß die Besetzung sofort beendet werden muß. Das bedeutet, daß wir uns stärker anstrengen müssen, um den Menschen zu erklären, daß es gerade die Besatzungstruppen sind, die die Verhältnisse erzeugen, aus denen ein Bürgerkrieg entstehen könnte. In diesem Zusammenhang ist es sehr gut, daß wir auf dem Weltsozialforum Scheich Jawa Al-Khalisi getroffen haben. Das ist ein religiöser Führer, der Schiiten, Sunniten, Kurden und Christen um sich versammelt hat, die gemeinsam daran arbeiten, einen Bürgerkrieg zu verhindern.

F: In den USA soll es am 19. März, dem globalen Aktionstag gegen Krieg und Besetzung, mehrere hundert Demonstrationen im ganzen Land geben. Weshalb diese Dezentralisierung?

Wir wollen auf der lokalen Ebene die Menschen erreichen und vor allem Druck auf die örtlichen Kongreß-Abgeordneten ausüben, damit sie sich weigern, auch nur einen einzigen weiteren Cent für die Besetzung zu bewilligen. Dabei werden wir deutlich machen, daß es nicht nur um den Krieg im Irak geht, sondern auch um die Vorbereitung von Kriegen gegen den Iran und eventuell auch Syrien sowie um die Drohungen gegen Venezuela.

F: Es gab auf dem Forum auch Diskussionen über den irakischen Widerstand. Wie gingen die Gesprächspartner mit den Widersprüchen um?

Ich denke, daß wir uns einig sind, das Recht der Iraker auf Widerstand gegen die Besatzung anzuerkennen. Viele unterstützen daher den Widerstand, ohne Unterscheidungen zu treffen. Andere sagen, es gebe Gruppen, die rücksichtslos mit dem Leben von Zivilisten umgingen – solchen Kräften wolle man nicht helfen. Wiederum andere werfen ein, sie könnten nicht mit Organisationen zusammenarbeiten, die die Rechte der Frauen nicht respektieren. Schließlich gab es einige, die Gewalt generell ablehnen. Da wir ein breites Bündnis gegen die Besatzung wollen, haben wir versucht, eine Formel zu finden, die möglichst alle einschließt. In der Resolution, die auf der Versammlung der sozialen Bewegungen vorgestellt wurde, heißt es also nur, daß wir das Recht auf Widerstand respektieren und daß wir uneingeschränkt gegen die Besetzung sind. Das war dann auch Konsens in unseren Diskussionen.

F: Wie schätzen Sie die Lage im Irak ein?

Für mich ist es offensichtlich, daß die USA den Krieg verlieren. Es heißt, daß es jeden Tag hundert Angriffe auf ausländische Soldaten gibt. Die USA haben keine Kontrolle über den Irak und suchen nach einem Weg, sich aus der Affäre zu ziehen. Deshalb auch die Wahlen. Jetzt werden wir hören: »Die Iraker haben nun ihre Demokratie, und wir können über einen Abzug nachdenken.« Es gibt in der Bush-Regierung erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Einige wollen permanente Militärbasen im Irak errichten, um die Ölvorkommen in der Hand zu behalten. Andere haben Angst vor einem neuen Vietnam.

F: Wie kommt es, daß so viele Migranten in der US-Armee dienen?

Die Rekrutierungsoffiziere gehen in die ärmsten Viertel und an jene Orte, wo viele sogenannte Illegale leben. Dort versprechen sie den Jugendlichen, daß sie einen Paß bekommen, wenn Sie sich verpflichten – aber nicht nur sie, sondern auch ihre Angehörigen. Viele gehen darauf ein, denn natürlich wollen sie ihren Familien helfen. Andere lassen sich durch die Aussicht auf ein Studium locken, das sie mit dem Sold finanzieren wollen.

 

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