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»Lula ist nicht mehr der Star«

Brasiliens Präsident Inacio »Lula« da Silva wird zum 5. Weltsozialforum kommen, gefeiert wird er allerdings nicht mehr. Ein Gespräch mit Antônio Martins

(Interview von Wolfgang Pomrehn, freitag)

* Antônio Martins ist einer der Koordinatoren von ATTAC Brasilien und Mitglied des brasilianischen Organisationskomitees des Weltsozialforums in Porto Alegre

F: Es heißt, das diesjährige Weltsozialforum soll selbstorganisiert sein. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Bisher wurden vom Organisationskomitee Podiumsdiskussionen und ähnliches vorbereitet. Mit den Jahren hat die Bedeutung dieser zentral organisierten Veranstaltungen abgenommen, und in diesem Jahr verzichten wir ganz darauf. Über 2400 Veranstaltungen sind angemeldet, und die meisten werden inzwischen über Ländergrenzen hinweg gemeinsam vorbereitet. Im Vergleich zu den Vorjahren hat das die Dichte des Programms und der Debatte deutlich erhöht und wird unter anderem dazu führen, daß aus dem diesjährigen Forum heraus eine ganze Reihe internationaler Kampagnen gestartet werden. Zum Beispiel eine Kampagne für eine Alternative zur Welthandelsorganisation oder eine neue Kampagne für die Streichung der Schulden der Dritten Welt.

F: Auf früheren Foren hatte Inacio »Lula« da Silva, der inzwischen zum Präsidenten gewählt wurde, große Auftritte als gefeierter Star. Eigentlich etwas, das dem Gedanken der Unabhängigkeit des Forums von Parteien und Regierungen widerspricht. Kommt »Lula« auch in diesem Jahr?

Ja, am Donnerstag vormittag. Aber meiner Ansicht nach wird sein Auftritt nicht mehr so spektakulär ausfallen. Niemand im Weltsozialforum sieht in ihm den großen Führer, der den Wandel bringen wird. Das hat etwas mit den Grenzen der politischen Macht in einem Land wie Brasilien und mit den Schwierigkeiten zu tun, die Lula hat, selbst diese begrenzten Möglichkeiten zu nutzen. Aber der wichtigste Grund, weshalb Lula nicht als der große Führer gesehen wird, ist eine neue politische Kultur, die im Weltsozialforum ihren Ausdruck findet. Die Menschen, die hierher kommen wollen die Welt verändern. Sie sehen sich als sehr politisch, und sie sprechen den Parteien das Monopol auf Politik ab. Und ich glaube, daß die meisten verstehen, daß die Welt nur durch enorme Kämpfe und nicht durch einen einzigen Führer verändert werden kann, und daß es sogar wichtig ist, auf solche Führer Druck auszuüben, damit sie uns helfen können, die Welt zu verändern.

F: Wie ist der Stand bezüglich des nächsten Weltsozialforums, das, wie es auf dem letztjährigen Forum in Mumbai hieß, erst 2007 stattfinden soll, und zwar in Afrika?

Es gibt diese Entscheidung, und es gibt gewisse Zweifel. Die afrikanischen Sozialforen müssen das Gastgeberland noch aussuchen, aber es wird auf jeden Fall eine enorme Herausforderung sein. Afrika ist das Hauptopfer der Globalisierung. Es gibt große Schwierigkeiten politische Mobilisierungen durchzuführen, denn die Armut breitet sich überall aus. Das hat viel damit zu tun, daß der Internationale Währungsfonds und die Weltbank nahezu jede Regierung kontrollieren. Aber die Entscheidung ist bereits gefallen und wir werden in Porto Alegre diskutieren müssen, wie sie umgesetzt wird.

Daneben gibt es die Diskussion über 2006, in der zwei Standpunkte aufeinander treffen. Der eine besagt, man kann nicht jedes Jahr ein Weltsozialforum abhalten, immerhin gibt es ja auch noch kontinentale, regionale und nationale Foren. Der Aufwand ist zu groß. Der andere ist, daß in in einer Zeit, da die Bedrohung durch die Barbarei des Krieges und des Kapitalismus und die der Zerstörung der Natur, immer größer wird, das Weltsozialforum nicht einfach einen Schritt zurück gehen kann. Das internationale Sekretariat hat daher einen dritten Weg vorgeschlagen, nämlich 2006 ein dezentralisiertes Weltsozialforum abzuhalten. Das heißt, in drei oder vier Ländern werden internationale Foren simultan abgehalten, die mit einander über Videokonferenzen und ähnliches kommunizieren. Aus Marokko gibt es bereits einen entsprechenden Vorschlag, und es werden Gespräche in Indien, Venezuela und in Pakistan darüber geführt.

 

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