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Berichte

Treffen der AG Methodologie des Internationalen Rats des WSF (13. - 15.11.2004)

Zum Stand der Vorbereitungen in Porto Alegre

Eine Gruppe von ca. 80 Menschen der Arbeitsgruppe Methodologie, des Internationalen Rates und des brasilianischen Organisationskomitees versammelte sich vom 13.-15. November in Porto Alegre, um aktuelle Fragen der Organisation des Forums zu diskutieren und einige möglichst zu klären.

Programm und Methodologie

Eine neue Methodologie für das WSF 2005 wurde ja bereits im April beschlossen und manifestierte sich in der sog. "Consulta Tematica", einer thematischen Umfrage via Internet, an der sich bis zum 3. August 2004 1863 Organisationen mit ihren Vorschlägen und thematischen Präferenzen beteiligt haben. Aus diesen Vorschlägen wurden 11 Themenschwerpunkte kondensiert:

  1. Sicherung und Verteidigung der öffentlichen Güter der Erde und der Völker – Alternativen zur Kommodifizierung und Kontrolle durch Transnationale Konzerne
  2. Kunst und Kreativität – für eine Kultur des Widerstands der Völker 
  3. Kommunikation: Gegenhegemoniale Praxis, Rechte und Alternativen 
  4. Recht auf Diversität, Pluralität und Identität 
  5. Menschenrechte und Würde für eine gerechte und gleichberechtigte Welt 
  6. Souveräne Okonomien durch und für die Völker – gegen den neoliberalen Kapitalismus 
  7. Ethik, Weltansichten und Spiritualität – Widerstand und Herausforderungen für eine neue Welt 
  8. Soziale Kämpfe und demokratische Altenativen – gegen neoliberale Herrschaft 
  9. Frieden und Entmilitarisierung – Kampf gegen Krieg, Freihandel und Schulden 
  10. Autonomes Denken, Wiederaneignung und Vergesellschaftung des Wissens und der Technologien 
  11. Für eine neue demokratische Weltordnung und die Integration der Völker

Die Einschreibung für Veranstaltungen wurde danach eröffnet, bis zum 22. November waren schon über 2027 Veranstaltungen angemeldet von 3293 Organisationen aus 108 Laendern. Die Frist läuft nun am 25. November, 18 Uhr brasilianische Zeit aus. Auch diese Anmeldung hat jedoch noch keinen endgültigen Charakter, denn es ist erklärtes Ziel des Internationalen Rats und des Organisationskomitees des Forums, Dialoge und Vernetzung zu fördern und diesen Prozess im Vorfeld aktiv in die Wege zu leiten.

Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen wurde beschlossen, das Weltsozialforum 2005 dezidiert selbstorgansiert zu gestalten. Dieser Grundsatz wurde vom Seminar der AG Methodologie noch einmal bekräftigt. Das bedeutet, es soll dieses mal keine Großveranstaltungen geben mit Themen und Rednern, die vom Organisationskomitee selbst vorgegeben werden. Die Themen sollen allein durch die TeilnehmerInnen gesetzt und der Pluralität damit Rechnung getragen werden. Allerdings soll dafür eine Moderation entwickelt werden - für die elf Themenbereiche wurden jeweils so genannte „grupos facilitadores“ gebildet, eine Art Vermittlungs-Gruppen, die die eingeschriebenen Veranstaltungsvorschläge sichten und Vernetzung zwischen Organisationen und Gruppen unterstützen sollen, die zu ähnlichen Themen arbeiten. Ihre Aufgabe wird es nun sein, Organisationen anzuschreiben mit Vorschlägen zur Kontaktaufnahme mit anderen Gruppen, ggf. auch mit Vorschlägen zum Wechsel in einen anderen Themenbereich. Dabei soll es sich wirklich nur um Vorschläge handeln, Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit muss danach durch die Gruppen selber eingeleitet werden. Die grundsätzliche Bereitschaft dazu wurde bereits im Einschreibeformular abgefragt und von der großen Mehrheit positiv beantwortet.

Bis etwa Mitte Dezember soll dieser Prozess der Zusammenführung laufen, danach ist ein erstes vorläufiges Programm zu erwarten, das Anfang Januar seine endgültige Fassung bekommen soll.

Noch ist allerdings relativ unklar, auf welche Weise diese Vermittlungsgruppen mit den eingegangene Anmeldungen umgehen werden. Nach welchen Kriterien können sie sortiert werden? Nach welchen Kriterien soll Vernetzung initiiert und angeregt werden? Hier kann die Einteilung in Themenbereiche selbst zum Hindernis werden, denn nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen den Themenbereichen soll ein Dialog entstehen. Um diese Schranken zumindest teilweise zu überwinden wurden einige übergreifende Themenfelder (eixos transversais) kreiert. Die drei bereits definierten umfassen die Themen „Soziale Emanzipation und politische Dimension der Kämpfe“, „Kampf gegen den patriarchalen Kapitalismus“ und „Kampf gegen Rassismus“. Ein weiterer übergreifender Schwerpunkt soll sich nun mit Geschlechterverhältnissen beschäftigen.Auch hier ist noch offen, in welcher Weise das ermöglicht werden kann und die meisten werden sich mit wenig Phantasie die kontroversen Diskussionen auch zu diesem Thema vorstellen können.

Asien und Afrika schwach vertreten

Ein Wermutstropfen ist erneut, so wurde nach der ersten Sichtung der Einschreibungen klar, dass auch diesmal das Forum extrem „Okzident-lastig“ zu werden scheint. Nur ein kleiner Teil der eingeschriebenen Organisationen kommt aus Asien und Afrika. Eine Lösung wird es dafür nicht mehr geben, es werden jedoch Möglichkeiten gesucht, das Verhältnis wenigstens ein wenig zu verbessern. So wird über eine Erweiterung der Einschreibefrist nur für diese Regionen nachgedacht und die besondere Unterstützung von DolmetscherInnen asiatischer und afrikanischer Sprachen.

Offene Räume – täglich von 17-20 Uhr

Wenn die Zahl der angemeldeten Veranstaltungen ein bestimmtes Limit nicht überschreitet, sollen sie in zwei zeitlichen Einheiten pro Tag organisiert werden (eine vormittags, eine nachmittags). Dies ist zumindest erklärtes Ziel, denn in der Zeit von 17 bis 20 Uhr sollen keine offiziell eingeschriebenen Veranstaltungen durchgeführt werden, sondern ein freier Raum für Vernetzung, Treffen, die aus den Veranstaltungen entstanden sind, Strategiediskussionen etc. entstehen.

Die räumliche Organisation des Forums

Auch hier ist mit vielen Neuerungen zu rechnen. Die Erfahrung von Mumbai ist das Vorbild für die räumliche Planung des WSF 2005, das zusammenhängend entlang des Ufers des Rio Guaiba im Zentrum Porto Alegres auf einem möglichst konzentrierten Raum stattfinden soll. Geschlossene Räume wie die PUC (die katholische Universität) sollen dafür nicht mehr genutzt werden, das Forum soll mehr den Charakter eines öffentlichen Raums bekommen, „auf der Straße“ stattfinden. Für die Bauten, die dafür nötig sind, sollen Materialien verwendet werden, die entweder in Armenvierteln wieder verwendet oder recycelt werden können. Ein weiterer Hintergrund für die jüngst noch einmal veränderte Planung ist jedoch auch die verlorene Kommunalwahl der PT in Porto Alegre, die massive Einschnitte des geplanten Forums- Haushalts mit sich bringt.

Für KennerInnen der Stadt: das Forumsgelände wird sich von den Lagerhallen der Cais do Porto über das Gelände der Usina do Gasometro ( die als Schaltzentrale und Presse- und Medienzentrum dient) an der Orla entlang bis zur Hälfte des Parque Marinho erstrecken. Auf alle Fälle sind in den verbleibenden ca. 40 Werktagen bis zum Forum noch ein gehöriger Einsatz und viel Improvisationstalent nötig, um das alles auf die Beine zu stellen.

Die oben benannten elf Themenbereiche sollen auch als physischer Raum auf diesem Gelände organisiert werden. In der Mitte, im Parque da Harmonia soll auch 2005 wieder das Jugendcamp stattfinden, das ein eigener und unabhängiger Raum, gleichzeitig aber bewusst Teil des Forums sein will. Die räumliche Konzentration der Themenbereiche wurde mit der Intention beschlossen, die Vernetzung zu erleichtern. Dies birgt jedoch auch die Gefahr, dass diese zu recht voneinander abgeschlossenen Räumen werden, so die KritikerInnen dieser Entscheidung.

Übersetzung

Aufgrund des begrenzten Haushalts wurde ein großer Aufruf zur Meldung von freiwilligen DolmetscherInnen lanciert mit dem Ziel, 55% des DolmetscherInnenpools mit Freiwilligen zu besetzen. Die Finanzierung der Übersetzung ist ein großes Problem, ein Solifonds für freiwillige Beiträge ist angedacht. Bislang scheint nur die Ausrüstung mit Equipment für Simultanübersetzung von drei Räumen pro Themenbereich durch das Forum selbst gesichert, ein großer Raum für 5 Sprachen, ein mittlerer Raum für vier Sprachen und ein kleiner für drei Sprachen. Es ist klar, dass dies nicht ausreicht, unklar ist dagegen, nach welchen Kriterien darüber entschieden wird, welche Veranstaltungen mit den Ressourcen ausgerüstet werden, welche nicht bzw. wie überhaupt die Verteilung der Räume erfolgen soll. Es gibt große Anstrengungen, auch afrikanische und asiatische Sprachen zu repräsentieren. Deutsch ist eine der europäischen Sprachen, die auf dem Forum vertreten sein soll. Völlig ungeklärt ist aber z.B. ob und wie die Übersetzung in den offenen Räumen von 17-20 Uhr gewährleistet werden kann. Technisch wird die Übersetzung durch die Gruppe Nomad organisiert, eine NGO, die sich mit alternativer Kommunikationstechnologie beschäftigt. Das ehrgeizige Ziel ist es, die Übersetzungstechnik mit Radiofrequenzen für eine zeitgleiche oder zeitnahe Übertragung der Forumsveranstaltungen in allen übersetzten Sprachen über das Internet zu nutzen. Verfolgt werden kann das Forum dann unter der Adresse http://www.radio.apo33.org auch durch alle, die nicht nach Porto Alegre reisen können. Damit ist auch ein Grundstein für eine Dokumentation des Forums gelegt.

Unterbringung

Die Hotels in Porto Alegre scheinen alle ausgebucht. Es gibt jedoch über die Internetseite des Forums organisiert eine private Unterkunftvermittlung, auf der man sich auch als Suchend einschreiben kann.

Martina Sproll

 

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