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Berichte

"Die Regierung ist heute sensibler"

Aminata Traoré, Organisatorin des Sozialforums in Mali, über erste Erfolge bei der Bekehrung der Mächtigen

(Interview: HAKEEM JIMO, die Tageszeitung)

taz: Frau Traoré, was bedeutet es für Sie, dass das Weltsozialforum gerade in Ihrem Heimatland Mali stattfindet?

Aminata Traoré: Von hier geht nun ein Signal aus: Dass die Zeit für ein neues gesellschaftliches Bewusstsein und eine andere Politik angebrochen ist. Ein großer Teil der Bevölkerung sieht seine Bedürfnisse weder durch die wechselnden Regierungen noch durch die vorhandenen Hilfs- oder Infrastrukturprogramme vertreten. Es ist für jeden deutlich, das etwas falsch läuft. Wir wollen uns an einer Lösung der Probleme beteiligen.

Können Sie als Aktivistin Ihre Ziele erfolgreicher verfolgen als in der Zeit als Ministerin in der Regierung?

Ich hatte damals schnell gemerkt, dass die Regierungen Geiseln der Bretton-Woods-Institutionen sind. Sie haben weder die Freiheit, eigene Visionen zu entwickeln, noch wichtige Entscheidungen selbstständig zu fällen. Deswegen fühle ich mich weit besser in der Rolle, die ich heute innehabe.

Braucht es für die Antiglobalisierungsbewegung sozusagen konspirative Regierungen und Länder?

Ich glaube, dass dies tatsächlich unerlässlich ist. Wir können diese Welt nicht ändern, ohne Regierungen auf unserer Seite zu haben. Deshalb suchen wir Gespräche und provozieren. Wir hoffen, dass die Menschen beginnen, Vorgänge in Frage zu stellen. Es hat sich bereits eine Menge getan. Heute werde ich von politischen Parteien eingeladen, wenn sie über Dezentralisierung oder Finanzpolitik reden. Noch vor vier Jahren gab es nicht so eine Resonanz.

Kritiker bemängeln, die Antiglobalisierungsbewegung sei zu kopflastig. Ist es auf diesem Hintergrund hilfreich, das Weltsozialforum an mehreren Orten auszutragen?

Ja. Genau deshalb verfolgen wir den Ansatz der verschiedenen Austragungsorte. Wir wollen nicht verkopfen. Jetzt kommt das Forum zu den Menschen. Natürlich werden nun nicht dieselben Massen von Menschen kommen wie zu den Weltsozialforen in Porto Alegre oder Mumbai. Doch immerhin kommen Tausende - aus Mali, Burundi, Kenia, Südafrika, Guinea oder Mauretanien. Sie gehen auf die Straße und nehmen an den Arbeitsgruppen teil. Hier erhebt sich eine Stimme, die unüberhörbar ist.

Also dominieren hier nicht die reichen NGOs aus den westlichen Ländern?

Nein, wir Afrikanerinnen und Afrikaner sind auf jeden Fall in der Mehrheit.

Was bedeutet es für Afrika, dass das Weltsozialforum gerade hier stattfindet?

Bamako war nicht nur der Geburtsort für das afrikanische Sozialforum, sondern auch ein Hort einer aktiven afrikanischen Zivilgesellschaft. Seitdem versucht wird, genmanipulierte Baumwolle in unsere Landwirtschaft zu bringen, hat die malische Zivilgesellschaft Stellung bezogen. Nicht nur deshalb werden die malische Regierung und andere Entscheider mehr und mehr sensibel für die Anliegen der Menschen. Sie haben verstanden, dass es nicht darum geht, ihnen die Macht streitig zu machen. Sondern dass wir ihnen helfen zu verstehen, wie die Welt funktioniert, damit sie unsere Interessen besser verteidigen können. Ab diesem Moment hat sich das Verhältnis zur Macht gewandelt. Ich bin überzeugt, dass nun alle Afrikanerinnen und Afrikaner die Dinge anders sehen als zuvor.

Wie ist das Verhältnis zum nördlichen Nachbarkontinent?

Afrika ist ein Teil dieser Welt. Die arrogante Weise, mit der der Westen Afrika in ein Ghetto verwandeln will, ist nichts anderes als Rassismus. Der beste Weg, Afrikas Probleme zu lösen, ist es, erst einmal diese Art von Diskurs abzubrechen. Neoliberales Denken lehnen wir ab. Warum sollten uns in Afrika Reformen helfen, die in Europa zigtausende von Arbeitsplätzen vernichtet haben?

 

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