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Berichte

Chávez oder nicht Chávez?

Sozialforum in Caracas wird von zwei alternativen Treffen begleitet. Diskussion um das Verhältnis zwischen Staat und sozialen Bewegungen flammt wieder auf

(von Till Below, junge Welt)  
  
Mit einer Demonstration »gegen Krieg und Imperialismus« haben am Dienstag nachmittag (Ortszeit) die lateinamerikanischen Veranstaltungen des Weltsozialforums (WSF) begonnen. Auch wenn das Forum in diesem Jahr nacheinander auf drei Kontinenten stattfinden soll, ist das Treffen der Globalisierungskritiker in Caracas das prominenteste. »Das wird auch die größte internationale Veranstaltung in der Geschichte unseres Landes«, sagte der venezolanische Soziologe Edgardo Lander im Gespräch mit junge Welt.

Zweierlei ist bei dem Forum, das bis Sonntag dauert, abzusehen: eine mächtige Feier des andauernden lateinamerikanischen Linksschwenks und ein mächtiges organisatorisches Durcheinander. Das Vorbereitungskomitee hatte die Regierung deshalb im Dezember um Hilfe beim Aufbau der nötigen Infrastruktur, bei der Bereitstellung der Konferenzzelte und beim Internetzugang gebeten. Anders als die Weltfestspiele im vergangenen Jahr wird das Sozialforum von der Regierung nicht offiziell unterstützt. Die geforderte Hilfe kam trotzdem. Die Organisatoren sitzen in einer eigens zur Verfügung gestellten Etage des Bergbauministeriums. Für die Veranstaltungen sind unter anderem Konferenzsäle im Hilton Hotel, im Staatstheater »Teresa Careño«, der Nationalbibliothek und in zwei Universitäten reserviert worden. Für ausländische Gäste wurde die Visaerteilung erleichtert.

Bis zum vergangenen Donnerstag hatten sich 60000 Besucher auf der Website des Sozialforums registrieren lassen. Zuraima Martinez, die dem Vorbereitungskomitee für eine gewerkschaftliche Frauenorganisation angehört, schätzt, daß insgesamt über 120000 Personen teilnehmen, die Hälfte aus dem Ausland.

Nach der Landung auf dem Flughafen Simon Bolívar in Maiquetía hatten die internationalen Gewerkschafter, Journalisten und Politaktivisten den umständlichsten Teil der Anreise allerdings erst noch vor sich. Anfang Januar waren die Pfeiler einer Brücke eingebrochen. Seitdem ist die 17 Kilometer lange Autobahn, die den Flughafen mit der Hauptstadt verbindet, gesperrt. Die Route ist eine der Hauptverkehrsadern des Landes, 50000 Fahrzeuge überqueren täglich die tiefe Schlucht des Tacagua-Flusses, über die bisher das »Viaduct Numero 1« führte. Autoschlangen quälen sich nun über bergige Ausweichrouten. Für das Sozialforum wurde extra ein Shuttleservice eingerichtet, der tagsüber die Route durch das große Barrio Catia und nachts einen mehrstündigen Umweg nimmt.

Auf den ersten Blick scheint das Weltsozialforum der passende Rahmen zu sein, um die jüngste Erfolgsserie der Regierung Chávez zu feiern. Doch das Verhältnis zwischen deren Projekt eines »Sozialismus des 21. Jahrhunderts« und den internationalen sozialen Bewegungen ist komplizierter. In der Charta des WSF ist zwar die Teilnahme von Politikern erlaubt, die die Grundprinzipien des Treffens teilen. Manchem geht der Einfluß von Chávez aber zu weit. Anarchistische Gruppen haben daher ein alternatives Sozialforum organisiert, auf dem unter anderem der irische Philosoph John Holloway sprechen wird. Ähnlich wie beim Sozialforum 2004 in Mumbai gibt es außerdem ein antiimperialistisches Camp, das von bolivarianischen Organisationen aus Venezuela und italienischen Antiimperialisten organisiert wird. Das Treffen im roten Arbeiterviertel 23 de Enero unterstützt ausdrücklich die Imperialismuskritik von Präsident Chávez. In ihrem Aufruf wenden sich die Organisatoren aber gegen die Struktur des Weltsozialforums, vor allem weil bewaffnete revolutionäre Gruppen vom Forum nach wie vor ausgeschlossen werden.

 

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