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Weltsozialforum unter neuen Vorzeichen

Venezuelas Hauptstadt erwartet 100 000 Teilnehmer

(von Wolfgang Kunath, Berliner Zeitung)

In der venezolanischen Hauptstadt Caracas tritt in dieser Woche das Weltsozialforum zusammen. Erwartet werden etwa 100 000 Menschen, vor allem Vertreter von sozialen Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen. Für besondere Motivation sorgt bei ihnen die jüngste Entwicklung in Bolivien, wo am Sonntag der linke Präsident Evo Morales vereidigt wurde.

Das Sozialforum, 2001 als jährliche Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum in Davos gegründet, findet in diesem Jahr erstmals dezentral auf drei Kontinenten statt: Südamerika, Afrika und Asien. Zum Treffen im afrikanischen Mali, das heute endet, fanden sich jedoch nur knapp 10 000 Menschen ein. Das asiatische Treffen wurde wegen des Erdbebens in Pakistan auf März verschoben. So wird der Schwerpunkt auf dem Treffen in Caracas liegen, zumal die Veranstaltung ohnehin traditionell stark lateinamerikanisch geprägt ist.

Der Großteil der rund 2 200 Veranstaltungen in Caracas entfällt auf den Themenbereich Macht, Politik und soziale Kämpfe. Befassen will man sich auch mit dem Irak-Krieg und dem Terrorismus, andere Schwerpunkte sind die Privatisierung öffentlicher Güter, die Zukunft der Arbeit, Ungleichheit und Armut. Auch kulturelle Themen, vom Dialog der Religionen über Vielfalt sexueller Orientierungen bis zur sozialen Anwendung neuer Technologien, stehen auf dem Programm.

Kritiker haben den Verdacht geäußert, dass die linkspopulistische Regierung Venezuelas das Forum zu ausgiebiger Propaganda missbrauchen könnte, nachdem Staatschef Hugo Chavez bereits 2005 in Porto Alegre auftrat und begeistert empfangen wurde. Gemäß den Statuten ist das Forum unabhängig von Regierungen. Anreisende Journalisten stellten am Wochenende fest, dass nicht nur, wie bisher, öffentliche Gebäude und Räume wie Universitäten und Parks für Forumsveranstaltungen vorgesehen sind, sondern auch Teile des venezolanischen Energie-Ministeriums. Auf der anderen Seite war das Forum stets mit öffentlichen Geldern finanziert, vor allem brasilianischen.

Venezuela schießt in diesem Jahr neun Millionen Dollar zu, hat aber zugesagt, die Spielregeln beachten zu wollen. Chavez soll nur außerhalb des offiziellen Forumsprogramms öffentlich auftreten - formell als Gast von teilnehmenden Organisationen. Dennoch dürfte sich die Sympathie vieler Forumsteilnehmer auch ohne propagandistischen Aufwand auf ihn richten. Chavez gilt wegen seiner Kritik an den USA, seiner sozialreformerischen Ansätze und seiner Opposition gegen die von Washington propagierte Freihandelspolitik als Vertreter einer radikaleren Linie, durch den Bolivianer Evo Morales wird er nun neue Unterstützung bekommen. Brasiliens Präsident Lula, der Star des Forums 2003, hat hingegen enttäuscht: Sein konservativer Wirtschaftskurs, seine dürftige sozialpolitische Bilanz, der Korruptionsskandal seiner Partei ließen seinen Stern verblassen.

 

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