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Weltsozialforum: Die Wiege der globalen Zivilgesellschaft

Was können wir von der Zukunft des Weltsozialforums (WSF) erwarten?

(von Roberto Savio (Inter Press Service)*, ZNET)

Rom - Zum ersten WSF in Porto Alegre, Brasilien, im Januar 2001 wurden gerade einmal einige tausend Leute erwartet; mindestens 25.000 aber kamen und unterwarfen der Organisation einem harten Test. Es war das erste Mal, daß unterschiedliche Repräsentanten der Zivilgesellschaft sich getroffen haben um globale Tagesordnungen zu debattieren in einem bewußt offenen Format für Dialog: es gab weder abschließende Erklärungen noch Prozessionen aber nur einen Raum zum Austausch von Ideen und Erfahrungen sowie für Vorcshläge zur Zusammenarbeit.

Es war auch das erste Mal, daß die lateinamerikanische indigene Bewegung Seite an Seite mit den Feministinnen, Ökologen und den Gesundheit- und Ausbildung-für-alle-Bewegungen redete und zuhörte.

Das waren die Tage der brennenden Begeisterung angetrieben durch das utopische Motto - „eine andere Welt ist möglich“- und dem geteilten Glauben, daß die Position des rivalisierenden Weltwirtschaftsforums (Word Economic Forum - WEF) falsch war, daß die zeitgenössische marktbestimmte Globalisierung die alleinige Maschine und der Schiedsrichter für die menschliche Gesellschaft sei. Die politischen und intellektuellen Positionen, die das WSF untermauern, basieren auf der Vermutung, daß die gerühmten Axiome des WEF falsch sind.

Es ist wahrscheinlich, daß in der Geschichte der ökonomischen Lehren keine so schnell aufgestiegen und niedergestürzt ist wie der Neoliberalismus, der beginnend mit der Washington-Übereinkunft die ökonomische Globalisierung über den ganzen Planeten verbreitete. Wenn wir Zeitungen genau lesen sehen wir, daß das Wort Globalisierung so wie wir es heute kennen gebräuchlich wurde kurz nach dem Fall der Berliner Mauer in 1989. Die Washington-Übereinkunft wurde im darauffolgenden Jahr formuliert.

Nur eine kleine Erinnerung um einen Vergleich anzustellen …

... zehn Jahre später waren die kritischen Stimmen über das Desaster verursacht durch neoliberale Politik zu einem ohrenbetäubenden Brüllen angewachsen. Jeder erinnert sich wie in Seattle Ende 1999 eine improvisierte Koalition der Gewerkschaften, Sozialaktivisten, Ökologen und Pazifisten die ministerielle Konferenz der Welthandelsorganisation zum Erliegen brachten. Dieses sollte uns dazu führen, uns einiger der unbestreitbaren historischen Vermächtnise des WSF, der Geburtsort der globalen Zivilgesellschaft, bewußt zu werden. Es war in Porto Alegre, wo das Bündnis zwischen globaler Zivilgesellschaft und den Vereinten Nationen geschmiedet wurde. Eins der Hauptthemen des letzten WSF war die Verteidigung der UNO vor dem Verfall, die ihm durch die Bush-Administration beigebracht wurde.
Das WSF nahm die schwierigsten Herausforderungen auf sich. Das letzte Forum, dieses Jahr, fand auf drei Kontinenten statt: Caracas für Lateinamerika, Bamako für Afrika und Karachi für Asien. Die drei Foren waren in den unterschiedlichen Weisen erfolgreich und zogen eine Gesamtmenge von fast 200.000 Leuten an. Das WSF 2007 wird zu Model des einen Austragungsortes zurück kehren und in Nairobi, Kenia, stattfinden.

Die Herausforderungen sind sehr groß, gemessen an den Schwierigkeiten des afrikanischen Kontinentes auf allen Ebenen, besonders wirtschaftlich. Es sollte auch angemerkt werden daß das WSF die regionalen, thematischen und nationalen Foren anregte. Jedes Jahr es gibt es derer nicht weniger als vierzig. Das europäische Sozialforum, dieses Jahr in Athen geplant, beansprucht eine bestimmte Autonomie in Bezug auf das WSF und verwendet Methoden, die nicht Teil der ursprünglichen Philosophie sind wie Märsche und abschließende Erklärungen.

Jedoch reichen diese positiven Aspekte nicht aus um sich ein vollständigen Urteils vom WSF zu bilden. Wenn wir die Zahlen beiseite lassen und uns daran erinnern daß das Forum die Möglichkeit des Herstellens einer anderen Welt proklamiert, sollten wir fragen welche Auswirkung der WSF-Prozess auf die Institutionen und die Politik gehabt hat, die, in der abschließenden Analyse, die Steuerung der Globalisierung ["governability of globalisation"] konkret beeinflussen konnten. In der Tat haben diejenigen von uns, die am WSF von Anfang an teilnahmen, es als großartiger Prozeß der Ausarbeitung von Alternativen erlebt, die in einem großartigen Prozeß der Teilnahme erzeugt wurden, der dem politischen Prozeß Stärke und Maß einimpfen könnte. Jedoch hat die Ablehnung der Teilnehmer sich selbst zu gestatten von den politischen Parteien absorbiert zu werden und Beziehungen mit politischen Institutionen herzustellen das WSF auf einem Kreislauf der Selbstbezugnahme reduziert.

Ist es möglich die Fähigkeit des WSF für Aktionen zu erhöhen? Die Antwort ist im wesentlichen „nein“. Es ist nicht möglich gewesen über die Idee des „offenen Raumes“ hinaus zu gelangen, der den Austausch von Ideen und Erfahrungen und die Bildung und das Stärken von Bündnissen zuläßt aber die Formulierung von Anträgen oder konkreten Aktionen durch das Forum verhindert. Es wird angenommen daß solche Möglichkeiten von den am WSF teilnehmenden Organisationen während ihres normalen Geschäftsbetriebes selbst realisiert werden.

Es gibt eine Minorität die daran festhält, daß das WSF sich nicht darauf begrenzen sollte eine Art geistige Übung zu sein, von der die Teilnehmenden stärker und besser zurückkehren. Sie denken, daß das Forum einer Reihe von Aktionen beschließen  sollte, die eine Alternative zur neoliberalen Globalisierung zur Verfügung stellen und es Institutionen nahe legen sollte diese für sich zu übernehmen. Augenblicklich aber führt diese Debatte nirgendwo hin. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das WSF keinen bedeutenden Fortschritt in den politischen Bereich erzielen und bleibt ein besonderes außergewöhnliches Ereignis damit sich die Zivilgesellschaft trifft.

(*) ist Roberto Savio, der Präsident im Ruhestand von Inter Press Service (IPS), ist ein Mitglied des internationalen Rates des Weltsozialforums.

(Übersetzung: Torsten Trotzki)

 

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