zur Startseite
Das deutschsprachige Informationsportal
zur weltweiten Sozialforum-Bewegung
zur Startseite zur Startseite
| Aktuell  | Termine  | Links  | Forum  | Feedback  | Newsletter  | Suche: 
 
Schnell-Info
zurück zur Startseite

Berichte

Weltsozialforum 2007 in Nairobi

Sitzung des Internationalen Rates des WSF vom 19.-23. März 2006 in Nairobi / Kenia

[von Jürgen Reichel, APRODEV (Association of World Council of Churches Related Development Organisations in Europe, Brüssel) / EED (Evangelischer Entwicklungsdienst, Bonn)]

Konzept des WSF 2007

Das nächste zentral ausgerichtete Weltsozialforum wird vom 20.-25. Januar 2007 in Nairobi / Kenia stattfinden. Es ist damit zu rechnen, dass, wie in Porto Alegre 2005 auch, über 100.000 Menschen teilnehmen, möglicherweise sogar wesentlich mehr, da die Veranstaltungen mitten im Stadtzentrum von Nairobi geplant sind.
Für die grundsätzlichen Orientierungen dieses Forums und um die Zusammenarbeit mit den lokalen Organisatoren des Ereignisses zu etablieren ist der International Council des Forums, sein politisches Steuerungsorgan, vom 19.-23. März 2006 in Nairobi zusammen getreten. Mit seiner Bekräftigung der Entscheidung für Nairobi als Austragungsort des Forums will der International Council des WSF den Blick auf den ganzen afrikanischen Kontinent lenken. „Afrika“, so die Methodologie-Kosmission des Councils, „muss in seiner Einzigartigkeit und Vielfältigkeit den zentralen Platz in der Vorbereitung und der Ausführung dieses und weiterer Weltsozialforen erhalten.“ Das WSF 2007 soll das größte Ereignis seiner Art werden, in dem afrikanische soziale Bewegungen ihren Widerstand gegen fremde und einheimische Kräfte formulieren, die das Streben nach Gewinn vor die Würde des Menschen stellen. Alle diejenigen, die sich am WSF beteiligen, sind dazu aufgefordert, ihre Vorstellungen von Solidarität, menschlicher Würde, Frieden und Gerechtigkeit und dem gegenseitigen Respekt aller Kulturen der Erde voreinander dazulegen. Der Gesamtblickwinkel bleibt die Kritik am neoliberalen Wirtschafts- und Politikmodell, das mittlerweile in die Defensive geraten sei.

Der International Council hat dem Organisationskomitee folgende thematische Achsen vorgeschlagen, die sich erfahrungsgemäß stark verändern können, da der nächste Schritt eine weltweite Sammlung von Ideen und Anstößen sein soll:

  1. Soziale Veränderung, besonders für die Menschen in Afrika
    a) Beteiligung marginalisier Gruppen am gesellschaftlichen Leben, vor allem Menschen mit HIV/Aids, ethnische Minderheiten, Slumbewohner
    b) Der Einsatz gegen Gewalt und für Frieden
    c) Die Verfügungsgewalt der Völker über ihre Ressourcen und die Demokratisierung von Zugangsrechten (Land, Wasser, Bodenschätze…)
    d) Der Aufbau einer weltweiten Ethik, gemeinsame Werte und die Erneuerung von Spiritualität
    e) Regeln für weltweit operierende Unternehmen und internationale Institutionen
  2. Kritik am Neoliberalismus und am Menschen orientierte Alternativen
  3. Weltweite Aktionen
  4. Dialog und Kontroversen (mit Parteien, Politikern,  internationalen Akteuren, dem Staatensystem Afrikas etc.)

Bekräftigte Grundsätze

Die grundsätzlichen Überlegungen des Internationalen Councils vom März 2006, der seit dem ersten Weltsozialforum 2001 in Porto Alegre mehrmals im Jahr tagt, weisen in folgende Richtungen, die die Grundsätze der Charta of Principles bestätigen:

  • Politiker und Politikerinnen können dazu eingeladen werden, sich an Veranstaltungen des Forums zu beteiligen. Sie laden sich nicht selber ein.
  • Das Forum ist nicht parteigebunden. Die Darstellung von Parteien oder Werbung für sie hat bei einem Weltsozialforum nichts zu suchen.
  • Das Forum ist ein open space. Es gibt keine Verlautbarungen des Forums als solches. Gruppierungen werden ausdrücklich ermuntert, das Forum zu nutzen, um in ihrem eigenen Namen Botschaften zu formulieren. Mitglieder des Councils sollen, wenn sie Verlautbarungen mit tragen, für sich selbst unterzeichen, nicht aber als Mitglied dieses Steuerungsorgans des WSF.
  • Geberorganisationen werden im Programm und auf der Website aufgeführt. Sie er-werben mit ihrer Unterstützung kein Recht daran, für ihre Marke bei einzelnen Veranstaltungen oder Einrichtungen des Forums zu werben.
  • Die Nutzung des Forums durch bestimmte Gruppierungen und ihr Beitrag dazu, dass das Forum stattfinden kann, steht teilweise in eklatantem Widerspruch (Gewerkschaften, Stiftungen). Angesichts dessen können gestaffelte Anmeldegebühren erwogen werden.
  • Die Beschlüsse des International Council für bevorstehende Foren können nur richtungsweisenden Charakter haben. Jedes Organisationskomitee trägt die volle Verantwortung für alle Entscheidungen, die mit der Durchführung eines Forums zu tun haben. Das finanzielle Risiko eines jeden Forums liegt ausschließlich beim jeweiligen Organisationskomitee.
  • Das Konzept der Polyzentrischen Foren, das 2006 erprobt worden ist (Januar Bamako / Mali und Caracas / Venezuela, März Karachi / Pakistan) hat sich nicht bewährt. Die Öffentlichkeit hat die Foren nicht als gemeinsame Artikulation wahrgenommen. Die drei Foren haben untereinander nicht zu Verknüpfungen gefunden. Insbesondere das Forum Caracas hat sich als Einzelgänger herausgestellt: Kein Vertreter hat den Weg zum International Council gefunden.

Der International Council hat allerdings keine Organe – und will sie auch nicht haben - , die die Einhaltung von Leitlinien bei den jeweiligen Organisationskomitees überwachen könnte. Er setzt darauf, dass die Integration der Organisationskomitees in den Council selbst, die im Fall Caracas nicht gelungen ist, dazu beiträgt, dass codes of conduct verinnerlicht werden.

Vorbereitung afrikanischer Netzwerke auf das Forum 2007

Das Forum soll in gemeinsamer Verantwortung zwischen dem Kenianischen Organisationskomitee, einem am 22./23. April 2006 zu etablierenden Ostafrikanischen Komitee (Kenia, Tansania, Uganda, Äthiopien, Eritrea) und den bestehenden Strukturen des Afrikanischen Sozialforums (Sitz Dakar / Senegal) geplant werden.

In Kenia hat das Social Develoment Network (Sodnet) die Führung übernommen. Das Netzwerk gruppiert sich um die Person von Prof. Eduard Oyngi, einem bekannten Regimekritiker der Moi-Ära, dessen ehemalige Studenten eine ganze Reihe von Nichtergierungsorganisationen gegründet haben oder in ihnen engagiert sind. NROs wie BEACON oder SEATINI sind Mitglied des staatlich anerkannten Sodnet. Die Balance zwischen dem nationalem, dem künftigen regionalen und dem bestehenden gesamtafrikanischen Komitee muss noch gefunden werden. Das ist nicht zuletzt von Bedeutung, damit die Veranstalter Verantwortungen klären können und verlässliche Kosten- und Finanzierungspläne erarbeiten, die potentiellen Gebern zügig zugehen müssten.

Das kenianische Organisationskomitee hat erste Gespräche mit staatlichen Einrichtungen im Land geführt, die offenbar eine gute Richtung nehmen. Mit der Stadtverwaltung in Nairobi sind Verhandlungen im Gange, das im Zentrum der Stadt gelegene Kenyatta Conference Center sowie den nahe gelegenen Uhuru-Park zu günstigen Bedingungen überlassen zu bekommen. Das parallel stattfindende Jugendforum soll in der Universität ausgetragen werden kön-nen; dazu müssten die Vorlesungsferien verlängert werden. In der Regierung ist der Planungsminister damit beauftragt worden, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, dass das Forum erfolgreich durchgeführt werden kann (Einreiseregelungen, Infrastruktur, Sicherheit angesichts der exorbitanten Kriminalität in der Stadt etc.). Ein direkter staatlicher Zuschuss von 25 Mio Ksh zum WSF (ca. 310.000 €) ist in Aussicht gestellt.

Kirchen

Der Allafrican Council of Churches (AACC) hat zusammen mit Caritas Internationalis ein  Ökumenischen Sekretariats eingerichtet, das die kirchliche Koordination von Aktivitäten vornehmen soll. Die Kirchen machen geltend, dass sie die gewichtigsten sozialen Akteure in der Region sind. Sie sind in der Lage, Menschen in den Dörfern anzusprechen und zu mobilisieren. Kirchen haben etablierte Netzwerke, die regional und afrikaweit arbeiten. Die Kirchen bedauern, in die nationale, regionale und kontinentale Vorbereitung des Forums noch nicht genügend eingebunden worden zu sein.

Das beim AACC angesiedelte Sekretariat soll so arbeiten, dass es die kirchlichen Kräfte in Kenia, Ostafrika und kontinentweit als ihre Anlaufstelle nutzen können. Der Generalsekretär des ugandischen Kirchenrates, Rvd. Canon Grace Kaiso ist gebeten worden, die Koordination des Sekretariats zu übernehmen.

Die Kirchen haben sich bisher darauf verständigt,

  1. einen intensiven Konsultationsprozess zu beginnen. Montag, 27. März, findet die Sitzung einer zu bildenden Kommission mit Kaiso aus Uganda statt, die die Perspektiven der Kirchen (Gesamtafrika, Ostafrika und Kenia) im Gesamtgeschehen und die Aufgaben des Sekretariats beschreiben soll;
  2. für Mitte Juni eine Konsultation zu Themen und Inhalten einzuberufen, zu der Kirchen aus Ländern, in denen schon Foren stattgefunden haben (Brasilien, Indien) und APRODEV-Vertreter eingeladen werden;
  3. in den Kommissionen des Organisationskomitees mitzuarbeiten.

In diesem Stadium der Vorbereitung gibt es nur erste Äußerungen, was Kirchen inhaltlich-thematisch in ein WSF einbringen wollen:

  1. Erfahrungen mit den Grunddiensten (Gesundheit: Schwerpunkt Aids und Bildung); Verknüpfung mit den Millenniumsentwicklungszielen und der Frage von guter Regierungsführung.
  2. Konfliktmanagement und zivile Konfliktbearbeitung; die besondere Rolle der Religionsgemeinschaften.
  3. Zugang zu Wasser als Menschenrecht.
  4. Nahrungssicherheit.
  5. Der faire Handel als Beitrag zur gerechteren Gestaltung von Handelsbeziehungen.

Die Kirchen wollen das Ereignis WSF auch dahin gehend nutzen,

a) christliche Spiritualität als Beweggrund für soziale Veränderung erfahrbar zu machen,
b) Gästen aus dem Ausland Exposuremöglichkeiten anzubieten und
c) den Dialog mit Meinungsmachern und Entscheidungsträgern aus Europa zu führen.

Adressen

Website des WSF
http://www.forumsocialmundial.org.br

Nationales Organisationskomitee (Odour Ongwen)
seatinike@sodnet.or.ke; ongwen@sodnet.or.ke

Secretariat of the Ecumenical Coalition (Nicholas Otieno)
CRIC_Africa@yahoo.com


« zurück zur Übersicht