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"Mit Verve und viel Engagement"

Zum Ende des Weltsozialforums in Nairobi sind sich alle einig, dass Afrikas Bewegung vom Treffen profitiert hat. Geplant sind Aktivitäten gegen Freihandelsabkommen und für bessere Gesundheitsvorsorge. Deutsche Teilnehmer ziehen gemischte Bilanz

(von MARC ENGELHARDT, die tageszeitung)

Nairobi - Zum Abschluss des Weltsozialforums bebte die Erde. Hunderte überwiegend unerfahrene Marathonläufer, die für bessere Lebensbedingungen von Slumbewohnern quer durch die Armenviertel der Stadt liefen, ließen die improvisierten Marktstände rechts und links der schmalen Schlammpfade erzittern. "So kann es nicht weitergehen, wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass Armut und Benachteiligung in den Slums ein Ende haben", hatte zuvor Paul Tergat, Kenias schnellster Läufer, seinen Landsleuten Mut gemacht. Hinter der Ziellinie waren selbst die zufrieden, die schwer schnaufend in die Arme von Masseuren kollabierten.

Afrikas soziale Bewegung hat das Weltsozialforum genutzt, um sich selbst auf Trab zu bringen. Die Kampagne des afrikanischen globalisierungskritischen Netzwerks Acord gegen die geplanten Freihandelsabkommen mit der EU (EPAs) ist so gut, dass Organisationen aus Europa Schlange stehen, um mitmachen zu dürfen. Auch Afrikas Regierungen müssen künftig mit Protesten von der Straße rechnen: "15 Prozent jetzt" heißt die Kampagne, mit der die Staatschefs an ein fünf Jahre altes Versprechen erinnert werden sollen. Bei einem Gipfel der Afrikanischen Union hatten sie zugesagt, 15 Prozent ihrer Budgets für Gesundheitsvorsorge und Behandlungen bereitzustellen. Passiert ist bislang nichts. "Den Menschen ihr Recht auf Gesundheit zu nehmen ist dasselbe, wie massenhaft die Todesstrafe zu verhängen", kritisiert Rotimi Sankore von der Menschenrechtsgruppe Credo. "Eine ganze Generation wird ausgelöscht, weil kein Geld für die Behandlung einfachster Krankheiten bereitgestellt wird." Auf dem Weltsozialforum haben afrikanische Aktivisten Proteste in allen Hauptstädten geplant.

Von so viel Aktivität sind auch viele deutsche Teilnehmer beeindruckt. Einen Auftritt "mit Verve und viel Engagement" bescheinigt der Afrika-Referent von Misereor, Michael Hippler, den Afrikanern. "Afrikas Bewegung hat ganz eigene Schwerpunkte gesetzt." Dass das von den Deutschen vorab ganz hoch gesetzte Thema G 8 kaum einen Afrikaner vom Hocker riss, findet Helmut Hess von "Brot für die Welt" in Ordnung. "Wenn sich die Aktivisten hier mehr für die EPAs interessieren, müssen wir unsere Pläne eben entsprechend ändern." Weg von Stellvertreter-Kampagnen, hin zu einer wirklichen Einbeziehung der afrikanischen Basis, das ist die Bilanz von Heidi Jung von Medico International: "Bislang haben wir uns nur in Europa gesehen, hier war die Gesprächsatmosphäre viel gleichberechtigter."

Kritik kommt dagegen von Attac, einem der Mitbegründer des Weltsozialforums. Peter Wahl vom deutschen Koordinierungskreis findet zwar auch, dass das Weltsozialforum gut für Afrikas Bewegung war. "Aber die Wirkung nach außen war für einen Gegengipfel zum Weltwirtschaftsforum in Davos viel zu gering." Die miese Akustik in notdürftig abgeteilten Logen eines Fußballstadions, fehlende Mikrofonanlagen, mangelhafte Übersetzer und ständig wechselnde Veranstaltungsräume und -zeiten machten vielen Besuchern das Leben schwer. "Auch für die Bewegung war dieses Weltsozialforum unterm Strich zu unproduktiv, für die Zukunft brauchen wir Reformen." Als Maßstab gilt Wahl Porto Alegre, wo das Forum 2005 zum vierten Mal stattfand. Staatliche Unterstützung dürfe kein Tabu sein.

Im kommenden Jahr wird es kein Weltsozialforum geben, stattdessen ist ein globaler Aktionstag geplant. Wo das nächste Weltsozialforum im Jahr 2009 stattfinden wird, ist bislang noch unklar. Versuche italienischer Aktivisten, das Forum in ihre Heimat zu holen, gelten als aussichtslos.

 

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