zur Startseite
Das deutschsprachige Informationsportal
zur weltweiten Sozialforum-Bewegung
zur Startseite zur Startseite
| Aktuell  | Termine  | Links  | Forum  | Feedback  | Newsletter  | Suche: 
 
Schnell-Info
zurück zur Startseite

Berichte

Lateinamerikas Linksruck dient als Vorzeigemodell

Soziale Bewegungen suchen Antworten auf den Neoliberalismus / Marathon für Grundrechte durch die Slums von Nairobi

(von Haidy Damm, Neues Deutschland)

Nairobi - Die Stimmung war weit besser als der Besuch. Nur rund 50 000 Aktivisten aus sozialen Bewegungen und von Nichtregierungsorganisationen kamen zum ersten Weltsozialforum auf afrikanischem Boden – wenn man von Mali 2006 absieht, als es bisher einmalig ein geteiltes Weltsozialforum auf drei Kontinenten gab. Vor Bamako gab es ein Treffen in Caracas (Venezuela) und später eines in Karatschi (Pakistan). Im brasilianischen Porto Alegre 2005 und im indischen Mumbai (Bombay) hatten sich noch über 100 000 Globalisierungskritiker versammelt.

Die Anwesenden ließen sich derweil von den Abwesenden die Laune nicht verderben. 1300 Veranstaltungen wurden angeboten und das »Wort des Forums« hieß »networking«, die englische Kurzformel für Netzwerke knüpfen. Allerdings wurde in vielen Debatten über die Zukunft des WSF gefordert, mehr Kampagnen und Aktionen durchzuführen, um als politischer Akteur wahrgenommen zu werden. So wird es im kommenden Jahr kein Weltsozialforum geben, statt dessen eine dezentrale Aktionswoche in der Zeit des Gipfels in Davos. Konkret geplant ist bisher, in dieser Zeit ein internationales Wasserforum in Porto Alegre zu veranstalten. An welchem Ort das Forum dann 2009 stattfinden wird, ist noch unklar.

In der Abschlusserklärung spielte die zunehmende Kommerzialisierung und Militarisierung des Forums und in den vorausgehenden Tagen eine wichtige Rolle. »Das WSF muss ein offener Raum für alle sein, egal ob sie die Teilnahme bezahlen können oder nicht«, forderte ein Aktivist des Anti-Privatisierungsforums aus Südafrika. Gleichzeitig mit der Öffnung der Tore für alle nahm aber auch die Zahl der Händler schlagartig zu, so dass das Gelände am Stadion in Kasarani eher einem Markt glich als einer politischen Veranstaltung.

An erster Stelle fordert die Abschlusserklärung einen stärkeren Fokus auf Afrika und die Einheit der sozialen Bewegungen aus Asien, Lateinamerika und Afrika. Zudem soll die Rolle der Nichtregierungsorganisationen (NRO) stärker hinterfragt werden. »Wir müssen uns selbst fragen, ob die NRO nicht die Verbündeten des Neoliberalismus von unten sind«, so ein Aktivist bei der abschließenden Versammlung der sozialen Bewegungen. Zudem verurteilt die Erklärung die Anwesenheit von Organisationen auf dem Forum, die gegen Frauenrechte und das Recht auf freie sexuelle Orientierung arbeiten. Positiv bezieht sich die Abschlusserklärung auf die sozialen Bewegungen in Lateinamerika, deren »permanenter Kampf dazu geführt hat, dass es in mehreren Ländern linke Regierungen gibt.« Diese Position wurde verstärkt von Samir Amin, der die Wahlsiege in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern als Zeichen sieht, dass es an der Zeit sei, »den defensiven in offensiven Widerstand gegen den Neoliberalismus umzuwandeln.«

Mit konkreten Forderungen an die Regierungen in aller Welt schloss die Debatte um die illegitimen Schulden. Die Regierungen in den Ländern des Südens wurden aufgefordert, die Schulden nicht zurückzuzahlen, die des Nordens, sie zu streichen. »Außerdem brauchen wir endlich eine Debatte über die Regulierung von Entschädigung«, so die internationale Kampagne gegen Schulden.

Konkrete Ergebnisse gab es im Themenbereich Wasser, hier hat sich das African Water Network aus sozialen Bewegungen und Arbeitern in der Wasserbranche gebildet. »Wasser ist ein Menschenrecht, wir fordern die Rücknahme der Privatisierungen und die Verankerung des Wassers als öffentliches Gut«, heißt es in der Erklärung des neuen Netzwerkes.

Ein weiteres Netzwerk haben Gewerkschaften und soziale Bewegungen in erster Linie aus Italien und Brasilien gegründet. Hier soll die Zusammenarbeit zwischen beiden beim Thema Arbeit und Globalisierung vorangetrieben werden. Entschieden kritisierte die Abschlussversammlung die Rolle der USA in verschiedenen Kriegen und die Invasionen im Namen des Kampfes gegen den Terror. Es wurde das Ende der israelischen Besatzung in Palästina, der sofortige Rückzug aus Irak und Afghanistan, ein Ende der Bombardierung Somalias und die Beendigung der Unterstützung lokaler Warlords durch die USA gefordert. Im Vergleich zu vorherigen Weltsozialforen spielte in Nairobi in den Debatten um Krieg auch die Verantwortung der europäischen Regierungen eine Rolle. Hier wurde wie bei anderen Themen zu einem konkreten Aktionstag aufgerufen.

Ein weiteres, besonders von afrikanischen Organisationen eingebrachtes Thema ist der Kampf gegen die Freihandelsabkommen zwischen der EU und Afrika (EPA). Am Montag protestierten rund 1000 Menschen vor der Vertretung der EU in Nairobi gegen die geplanten Wirtschaftsabkommen. »Wir fordern die Bundesregierung auf, dem Vorbild der französischen Nationalversammlung zu folgen und sich in der EU für ein Aussetzen der EPA-Verhandlungen stark zu machen«, sagte Annette Groth, Mitglied der EU-AG von Attac. Ein Aktionstag am 19. April soll dieser Forderung Nachdruck verleihen.

 

« zurück zur Übersicht