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Berichte

Gemischte Bilanz des Weltsozialforums

Die internationale Finanzkrise hat das Weltsozialforum, das vom 27. Januar bis zum 2. Februar in Belem, Brasilien, stattfand, aufgewertet und dem Forum einen unerwarteten Aufschwung verschafft. Immerhin hat der Weltsozialforumsprozess 2001 mit einer damals noch unerhörten Kritik der internationalen Finanzarchitektur und Wirtschaftsweise begonnen. Ob das Forum in der existierenden Form der Ort ist, an dem globale politische Strategien entwickelt werden, bleibt aber auch nach Belém fraglich. Die organisatorischen und logistischen Fragen dominieren über politische Inhalte. Wie können global Austausch, Kontroversen sowie gemeinsame Forderungen und Vorschläge produziert werden? Ist das Geld internationaler Großorganisationen und staatlicher Unternehmen kritischem Denken und Handeln wirklich förderlich? Hinzu kommt die zunehmend schärfer geführte Kontroverse um Distanz und Nähe zu den progressiven Regierungen in Lateinamerika.

[von Kathrin Buhl (Leiterin des Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in São Paulo / Brasilien) und Mariana Tamari]

Belém - Die brasilianische Amazonasmetropole Belém wurde aus gutem Grund zum Ort des neunten Weltsozialforums gewählt. Wohl nirgendwo anders als im Amazonas zeigen sich deutlicher die global zerstörerischen Auswirkungen der kapitalistischen Wi r tschaftsweise – sowie der Kampf von dort lebenden Völkern für andere Formen von Leben und Wirtschaften. Doch die praktische Seite dieser Entscheidung bedeutete, dass immer mehr Engagement aufgebracht werden muss, um die ungeheuren logistischen Schwierigkeiten zu lösen. Belém ist schwer zu erreichen und die Kosten überschreiten die finanziellen Möglichkeiten vieler AktivistInnen. Die Infrastruktur war dem Ansturm von etwa 135.000 TeilnehmerInnen nur bedingt gewachsen. Dennoch übertrifft die zahlenmäßige Bilanz des Forums die Erwartungen: mehr als 5.000 Organisationen beteiligten sich, es fanden über 2.300 Veranstaltungen statt, über die weltweit – zumindest in den alternativen Medien – berichtet wurde, über 200 Kulturveranstaltungen, ein Marktplatz der solidarischen Ökonomie und eine Vielzahl von Informationsständen rundeten das Programm ab. Fünf lateinamerikanischen Staatschefs war das Weltsozialforum wichtig genug, um anzureisen und sich dem Dialog mit sozialen Bewegungen zu stellen. „Der Sozialforumsprozess“, so José Correa von ATTAC Brasilien, „hat nach einer fühlbaren Krise in den vergangenen Jahren neuen Schwung erhalten.“ Das Weltsozialforum als Ort des Dialogs, des Informationsaustauschs, der Bildung und Festigung von thematischen und regionalen Netzwerken ist seiner Funktion gerecht geworden. Dennoch bleiben viele der bereits bekannten Zweifel an seiner politischen Wirksamkeit bestehen.

Weltsozialforum – oder brasilianisches Forum mit internationaler Beteiligung?

Es scheint wenig überraschend, dass die Mehrheit der TeilnehmerInnen aus Brasilien selbst anreiste. Dennoch war die internationale Beteiligung im Vergleich zu bisherigen Foren viel weniger sichtbar: „Es gab nur wenige Veranstaltungen, die auf englisch angeboten wurden. Das war für uns schwierig“, meint Tikva Levy aus Israel. Die offiziellen Zahlen bestätigen diesen Eindruck: Aus Lateinamerika kamen etwa 5.000 TeilnehmerInnen, darunter nur 119 aus Mittelamerika, aus Europa und Afrika knapp 500, aus Asien lediglich 334. Und es gab kaum  Übersetzungsangebote. Die Zusammenarbeit mit dem Freiwilligennetzwerk Babel kam wegen interner Differenzen zwischen den Organisatoren des Forums nicht zustande, eine professionelle Übersetzung ist für die meisten Organisationen nicht bezahlbar.

Arme müssen draußen bleiben

Die meisten Aktivitäten fanden auf den Campi der beiden großen Universitäten von Belem, UFPA und UFRA, statt. Eingelassen wurden nur akkreditierte TeilnehmerInnen, die die Gebühr von 30 Reais - circa 12 Euro - entrichtet hatten. Die BewohnerInnen der anliegenden Stadtviertel, die zu den ärmsten und am stärksten von Gewalt geprägten Beléms gehören, blieben draußen, weil sie diese Summe nicht aufbringen konnten, und weil die Einlasskontrollen „die Sicherheit der ForumsteilnehmerInnen“ gewährleisten sollten. Zudem sahen sie sich massiven Polizeikontrollen und Einschränkungen in ihrem Alltag ausgesetzt: Geschäfte mussten um 22 Uhr schließen, öffentliche Räume wie Fußballfelder durften nicht genutzt werden, der Verkauf von Alkohol war untersagt. Mit einem Protestmarsch setzten 300 ForumsteilnehmerInnen am 31. Januar dagegen ein Zeichen – aber zu spät, und ohne sichtbare Folgen.

Das Forum wurde auch von logistischen Problemen beeinträchtigt: die Größe der beiden Campi machte es fast unmöglich, an aufeinanderfolgenden Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten teilzunehmen, es gab kaum Transportmöglichkeiten, und auf den jeweiligen Geländen war die Orientierung schwierig. Hunderte freiwillige Helferinnen unterstützten mit unermüdlicher Freundlichkeit die Suchenden - wenn diese denn portugiesisch sprachen...

Zwischen finanziellen Zwängen und inhaltlicher Autonomie

Neben der brasilianischen Bundesregierung, der Regierung des Staates Pará und internationalen Hilfswerken – mit starker deutscher Beteiligung – wurde das Forum auch vom brasilianischen Erdölkonzern Petrobras und den Banken Caixa und Banco do Brasil finanziell unterstützt. „Die Charta des Forums schließt die Finanzierung durch private Konzerne aus, nicht aber die Finanzierung durch Regierungen oder regierungseigene Unternehmen“, so die Erklärung eines Vertreters des internationalen Rates. Viele VertreterInnen sozialer Bewegungen hingegen äußerten Kritik, denn die Politik staatseigener Konzerne unterscheidet sich, insbesondere im Amazonasgebiet, nicht von der privater Konzerne. Dies wurde auf einer Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zum Agieren brasilianischer transnationaler Unternehmen von VertreterInnen ecuadorianischer und paraguayischer Bewegungen eindrücklich thematisiert.

Wie autonom und wie glaubwürdig ist ein Forum, das sich just von denjenigen Akteuren finanzieren lässt, die maßgeblich an Klimaveränderungen, an Umweltproblemen, an der der Zerstörung des Amazonas, an der Verletzung der Rechte indigener Völker beteiligt sind? Das Unbehagen war in Gesprächen spürbar, und möglicherweise auch ein Hinweis auf die bestehenden Spannungen zwischen vielen sozialen Basisbewegungen einerseits und den Organisatoren des Forums andererseits. Maria Luisa Mendoça vom brasilianischen Rede Social de Justiça e Direitos Humanos: „Wir brauchen ein anderes Format, ein Forum, dass sich finanziell selbst trägt, wie das erste Forum 2001 in Porto Alegre – auch wenn es dann kleiner und weniger spektakulär ausfällt.“

Thematische Vielfalt oder politische Beliebigkeit?

Neu im Vergleich zu vorangegangenen Foren war der Versuch, eine thematische Klammer für die vielfältigen Angebote zu finden, und damit politischer Beliebigkeit entgegenzutreten, ohne die Pluralität und die Autonomie der beteiligten Organisationen in Frage zu stellen. Zur zentralen Diskussionsachse wurde die Krise der Zivilisation: Umwelt- und Klimazerstörung, Wirtschaft, Ernährungs- und Finanzkrise. Als wichtige Alternativen wurden der panamazonische Prozess, der Protagonismus indigener Organisationen und deren Gegenkonzept vom „guten Leben“ diskutiert, sowie Klimagerechtigkeit und die Wiederaneignung von öffentlichen Gütern. Spezifische Themen, die auch vorangegangene Foren geprägt hatten, wie der Zugang zu Wasser, die Entschuldungsdiskussion, Geschlechtergerechtigkeit und nicht zuletzt die Entwicklung eines nachhaltigen und gerechten internationalen Finanzsystems fanden in unterschiedlicher Weise Eingang. Noch am ehesten konkrete Schlüsse aus der Weltfinanzkrise zogen Organisationen mit einer makroökonomischen Herangehensweise. Ein neues Finanzsystem müsse auf einer anderen Währung als dem US-Dollar aufbauen, ein globaler Mechanismus öffentlicher Kontrolle über Finanzinstitutionen und Banken müsse geschaffen werden, ebenso wie neue Möglichkeiten, Devisenflucht zu verhindern, außerdem müssten globale Steuern erhoben werden, um öffentliche Güter zu finanzieren.

Doch es war schwierig, einen Überblick über die vielfältigen Diskussionsstränge zu behalten. Das lag zum einen an der komplizierten Vorbereitung – die Anmeldung für die selbstorganisierten Aktivitäten endete letztlich nicht wie geplant Anfang Oktober, sondern Ende Dezember – was eine Diskussion zwischen Organisationen, die gleiche Themen unterbreitet hatten, kaum noch möglich machte. Auch eine Konkurrenz zwischen Organisationen ist nicht zu leugnen. „Auf vielen Veranstaltungen traten ReferentInnen und Organisationen auf, die gleicher Meinung waren. Wäre es nicht besser gewesen, bewusst die Auseinandersetzung, die Kontroverse zu suchen, um auf der Suche nach gemeinsamen Wegen zwischen unterschiedlichen linken Strömungen voranzukommen?“ fragt Aton Fon, Menschenrechtsanwalt aus São Paulo, kritisch an. Auf dem Seminar der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu transnationalen brasilianischen Unternehmen entstand – ungeplant – eine andere Kontroverse: Ein Vertreter des binationalen Kraftwerks Itaipú beklagte, wenngleich in polemischer und wenig sachdienlicher Weise, das Fehlen einer direkten Auseinandersetzung. Auch wenn dahingestellt sein mag, ob das Weltsozialforum für derartige Dialogprozesse der geeignete Rahmen ist, bleibt doch zu konstatieren, dass es entschiedenerer Versuche bedarf, die eigene Nische zu verlassen.

Ein strukturelles Problem des Forums ist aber auch die Unmöglichkeit, Einzeldiskussionen zusammenzuführen. Thematische „Asambleas“, die sich während des Forums parallel zu den Veranstaltungen trafen, sind ein Versuch, zumindest gemeinsame Grundpositionen und eine gemeinsame Agenda zu erarbeiten. Den Resolutionen der insgesamt 22 Asambleas ist jedoch deutlich anzumerken, wie schwierig solche Prozesse in der Realität sind – der kleinste gemeinsame Nenner zwischen sehr unterschiedlichen Akteuren aus sehr unterschiedlichen Kontexten führte eher zu allgemeinverbindlichen Versatzstücken denn zu klaren Forderungen oder alternativen Vorschlägen.

Klarere politische Forderungen kamen vor allem aus den Versammlungen von Netzwerken, die schon länger zusammen arbeiten, wie etwa zu Frauenrechten, hier war die Forderung nach dem Recht auf einen sicheren, straffreien Schwangerschaftsabbruch besonders aktuell – oder zur Legitimität der Schulden. Die Kampagne Jubileo Sul (ein internationales Netzwerk zur Annullierung der Schulden) und die Internationale Kommission für die Annullierung von Schulden in der Dritten Welt verlangen von den Regierungen, sich Wirtschaftsprüfungen zu unterziehen und dann zu erklären, welche Schulden illegitim seien, die Rückzahlung einzustellen und Entschädigung für ausbeuterische Zahlungspraktiken zu verlangen.

Außerdem sollten sich die Regierungen des Südens aus der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer zurückziehen (1). Offenkundig spielte auch die Abschlusserklärung für die meisten TeilnehmerInnen keine wichtige Rolle: Die Abschlussveranstaltung, die „Asambleas der Asambleas“, am 1. Februar, war schlecht besucht – was auch, aber nicht nur, am strömenden Regen lag. Viele der internationalen TeilnehmerInnen verließen zudem frustriert die Veranstaltung, weil auch hier eine Übersetzung aus den beiden Hauptsprachen des Forums, portugiesisch und spanisch, fehlte.

Trotz dieser Kritik bleibt es als Erfolg zu werten, dass eine Reihe von Aktionen vereinbart wurde. Schon zwischen dem 28. März und dem 4. April sollen globale Aktionstage gegen Kapitalismus und Krieg organisiert werden, ein echter Prüfstein für die globalisierungskritische Bewegung. Am 17. Mai soll es einen Aktionstag gegen die Kriminalisierung von Migration geben, die panamazonischen Organisationen werden sich am 15. Juni treffen, um zu beraten, wie die Öffnung der Grenzen für die traditionellen indigenen Völker der Region durchgesetzt werden kann, die Indigenen Lateinamerikas werden den 12. Oktober als Aktionstag gegen Kolonialisierung gestalten und sich Ende Mai zu einem eigenen Sozialforum treffen. Am 12. Dezember ist ein weltweiter Aktionstag für Klimagerechtigkeit geplant.

Einen wichtigen Platz nahmen auch die Solidarität mit Palästina und die Forderung nach einer friedlichen Lösung des Nahostkonfliktes ein.

Eine Entscheidung über die Zukunft des Weltsozialforums wurde weder auf dem Forum getroffen, noch auf der anschließenden Sitzung des Internationalen Rates. Wahrscheinlich scheint, dass man sich auf zentrale Weltsozialforen alle zwei Jahre einigen wird. Für 2011 stehen mehrere Vorschläge im Raum: Entweder soll ein Forum in Afrika stattfinden, um der Ernährungssicherheit größere Bedeutung zu verleihen. Oder das Forum findet zum ersten Mal in den USA statt – sowohl aufgrund der geopolitischen Bedeutung als auch in der Absicht, die US-amerikanische Linke zu stärken. Das würde jedoch bedeuten, sich von dem Protagonismus der sozialen Bewegung des Südens zu verabschieden. Zudem herrscht die berechtigte Befürchtung, dass ein Forum in den USA an den dortigen Einreisebestimmungen scheitern würde. Oder aber, es gibt drei Foren in Afrika, Lateinamerika und Asien.

Forum der Zivilgesellschaft oder Laufsteg von Präsidenten?

Wohl am kontroversesten diskutiert wurde der Auftritt von progressiven Präsidenten. Bereits bei der Vorbereitung spiegelte das Forum die Spannungen innerhalb der brasilianischen Linken. Die Landlosenbewegung MST war auf Distanz zum Forum gegangen und versammelte sich außerhalb des Forumsgeländes mit einem eigenen Programm. Gemeinsam mit vorrangig in der Via Campesina organisierten sozialen Bewegungen hatte sie monatelang einen Dialogprozess zur zivilgesellschaftlichen Beteiligung im alternativen Integrationsbündnis ALBA für den 31. Januar mit den Präsidenten Rafael Correa (Ecuador), Evo Morales (Bolivien) und Hugo Chávez (Venezuela) vorbereitet, hinzu kam noch Fernando Lugo (Paraguay). Der brasilianische Präsident Luis Inácio da Silva hingegen wurde dezidiert nicht eingeladen. Die Reaktion der brasilianischen Regierung und der Lula nahestehende Gewerkschaftszentrale CUT kam nicht unerwartet: Eine Woche vor dem Forum kündigte Lula an, seine Amtskollegen am 29. Januar zu einer Veranstaltung (die nichts mit dem WSF zu tun hatte) einzuladen. Die CUT organisierte
für den 29. Januar eine Großveranstaltung mit allen fünf Präsidenten, und der MST wurde gebeten, die geplante Veranstaltung auf den Nachmittag des gleichen Tages zu verlegen. War das nötig? „Wir haben Präsident Lula nicht eingeladen, weil Brasilien sich nicht am ALBA beteiligt. Das hat nichts mit einem politischen Problem oder gar mit Vergeltung zu tun.

Wir wurden andererseits nicht zum Treffen von Lula mit seinen Amtskollegen eingeladen und verstehen das, denn diese Veranstaltung schließt keine sozialen Bewegungen ein“, so João Paulo Rodrigues von der Nationalen Koordination des MST. Durchaus bekannt sind die Spannungen zwischen brasilianischer Regierung und der Landlosenbewegung über die Umsetzung der versprochenen Landreform und die Unterstützung der Ansiedlungen der MST, sowie über das Entwicklungsmodell in der Landwirtschaft.

„Andererseits – gehören Gewerkschaften nicht auch zu den sozialen Bewegungen – und nahmen nicht 10.000 Menschen teil – viele Mitglieder der brasilianischen Arbeiterpartei PT, aber auch viele VertreterInnen unterschiedlicher sozialer Bewegungen“, fragt der Journalist Gilberto Maringoni, den Sektarismus und „schlechten Manieren“ des MST kritisierend. Obgleich beide Veranstaltungen nicht in das offizielle Programm des Forums aufgenommen wurden, prägten sie dessen Verlauf. Einerseits ist die Teilnahme von fünf lateinamerikanischen Staatschefs ein wichtiges Signal für die politische Bedeutung des Weltsozialforums und sichert diesem eine beträchtliche mediale Aufmerksamkeit. Andererseits beeinträchtigte
vor allem die Nachmittagsveranstaltung viele lange geplante Veranstaltungen, weil die ReferentInnen, häufig führende VertreterInnen sozialer Bewegungen, sich die Chance des Dialogs mit den Präsidenten nicht entgehen lassen wollten. Offen bleibt die Frage, ob das Forum, von dem politische Parteien dezidiert ausgeschlossen sind, durch derartige Veranstaltungen nicht auch instrumentalisiert wird.

Die Diskussion mit den Präsidenten stieß schnell an Grenzen: Zwar ließen sich Morales, Chávez, Correa und Lugo darauf ein, mit VertreterInnen sozialer Bewegungen auf einem Podium aufzutreten. Sie hörten sich auch deren Forderungen an. In ihren Reden gingen sie dann aber mit kaum einem Wort darauf ein. „Wir haben mit diesem Dialogprozess zwei Ziele verfolgt. Erstens, dass die Rolle der sozialen Bewegungen im Rahmen des regionalen Integrationsprojektes ALBA, das ja sehr stark regierungsbestimmt ist, anerkannt wird. Und zweitens, dass die Regierungen die Forderungen der sozialen Bewegungen zur Kenntnis nehmen. Ersteres ist uns gelungen, das zweite Ziel haben wir sicher nur teilweise erreicht: Die Präsidenten haben uns angehört, sie haben auch unsere Kritik vernommen, aber sie haben uns nicht geantwortet. Aber es ist ein wichtiges Signal, dass bei einer Veranstaltung mit vier Präsidenten nicht sie, sondern einer Vertreter der sozialen Bewegungen das abschließende Wort hatte“, schätzt die Argentinierin Claudia Korol ein. Dieser Vertreter war João Pedro Stedile, Koordinator der Via Campesina und Mitglied der Nationalen Leitung der brasilianischen Landlosenbewegung MST. Wie vorher zwischen den beteiligten Bewegungen abgestimmt, kritisierte er die Regierungen am Ende der Veranstaltung: „Die Regierungen mögen mir verzeihen, ich sage hier, was die Bewegungen denken. Ihr seid sehr lasch. Ihr macht eure Versammlungen hier, kommentiert die internationale Lage dort, aber wir erwarten mehr von euch!“ Was sie erwarten, lässt sich in einem Papier der sozialen Bewegungen vom 30. Januar nachlesen (http://www.forumdesalternatives.org/ES/readarticle.php?article_id=5708)

Anmerkung

(1) Die G-20 ist ein Forum für den informellen Dialog der Finanzminister und Notenbankgouverneure dieser Länder über Fragen der internationalen Wirtschafts- und Währungspolitik. Neben den G7 (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und USA) und dem G8 Mitglied Russland gehören ihr Argentinien, Australien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Süd-Korea, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika und die Türkei an.

 

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