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Berichte

Lateinamerikanische Präsidenten auf dem Weltsozialforum

von Emir Sader

Am 29. Januar 2009 treffen Evo Morales, Fernando Lugo, Rafael Correa, Hugo Chavez und Lula in Belém ein. Das Treffen, Ausdruck der gegenwärtigen Phase des Kampfes gegen den Neoliberalismus, ist ein Appell in Richtung des WSF zur Rückkehr der gemeinsamen Kräfte des sozialen Widerstandes gegen eine  Politik des hegemonialen Kampfes, dem aufgrund der zeitgenössischen Krise wieder eine zentrale Bedeutung zukommt.

Ein wichtiges Moment des WSF von Belém do Pará ist das Ereignis am 29. Februar im Hangar mit der Anwesenheit von Evo Morales, Fernando Lugo, Rafael Correa, Hugo Chavez und Lula - lateinamerikanische Präsidenten, die, auf unterschiedliche Art und Weise, Alternativen zum Neoliberalismus aufbauen. Es handelt sich um eine unvermeidbare Anwesenheit/Präsenz, die unterstreicht, wie sich Lateinamerika gewandelt hat, jenes "Paradies des Neoliberalismus" als schwächstes Glied in der Kette, wo fortwährend gebaut wird an der "anderen möglichen Welt" entsprechend dem Kampfziel des Weltsozialforums.

Am Anfang grenzte sich das WSF ausdrücklich von den Regierungen und Parteien ab. Die Anwesenheit von Präsidenten wie Lula und Hugo Chavez zum Beispiel fand auf parallelen Veranstaltungen statt. Es war noch die Zeit, in der die sozialen Bewegungen die Hauptrolle in dem Kampf für den Widerstand gegen den Neoliberalismus spielten. Das erste WSF fand im Januar 2001 in Porto Alegre statt. Die erste fortschrittliche lateinamerikanische Regierung, die von Hugo Chavez, wurde im Jahr 1998 gewählt und überlebte auf sich selbst gestellt starke Angriffe. In diesem Jahrzehnt wurden Lula, Tabaré, Kirchner, Evo, Rafael Correa und Lugo gewählt, die den Übergang vom anti-neoliberalen Kampf zu dem aktuellen für eine alternative Hegemonie darstellen, für den Aufbau von Modellen zur Überwindung des Neoliberalismus.

Die Gründung der Bewegung für den Sozialismus (MAS) in Bolivien war ein entscheidender Moment im Kampf für "eine andere Welt, die möglich ist", da sie in einer expliziter Form das Verständnis offenbarte, dass nur durch die Vernetzung des sozialen Kampfes mit dem politischen die Möglichkeit besteht, den Aufbau von Alternativen zum Neoliberalismus zu beginnen. Die sozialen Kräfte, die dieses Verständnis hatten, jede auf seine eigene Weise, konnten zu der derzeitigen Phase übergehen, während die anderen an Gewicht verloren, sich isolierten, in dem sie in einer Haltung des reinen Widerstands beharrten.

Seit dem letzten Weltsoziaforum in Brasilien im Jahr 2005 schritten die Prozesse der regionalen Integration voran und es entstanden neue fortschrittliche Regierungen, währenddessen die späteren Weltsozialforen nach und nach auf globalen und regionalen Foren reduziert wurden, ohne Vorschläge gegen die neoliberale Krise und die imperialen Kriege sowie ohne Bindung an die Aufbauprozesse von Alternativen zum Neoliberalismus - wie sie etwa in Lateinamerika stattfanden.

Die Anwesenheit von fünf Präsidenten in Belém offenbart die aktuelle Lage des anti-neoliberalen Kampfes und ist ein Aufruf an das WSF: Es soll wieder Artikulierungsmöglichkeiten der  gesellschaftlichen Widerstandskräfte bei der hegemonialen Auseinandersetzung in der politischen Sphäre geben; diese Auseinandersetzung ist wieder von zentraler Bedeutung, aufgrund der zeitgenössischen Krise, des Endes der Bushregierung und der Fortschritte - jetzt konzentriert in Lateinamerika - des Post-Neoliberalismus.

Die Veranstaltung am 29. ist Ausdruck der aktuellen Kraft des Kampfes für "eine andere Welt ist möglich" auf der politischen Ebene, die, zusammen mit dem Kampf der sozialen Bewegungen und anderen politischen und kulturellen Kräften, aufgerufen sind, ein dauerhaftes und entscheidendes Kartell  in dem anti-neoliberalen Kampf zu bilden. Es stellt sich ein essentielles Dilemma für das WSF und seine Kräfte: Verbleiben sie jedes Jahr oder alle zwei Jahre in der Sphäre der Nicht–Transzendenz des Austausches  von Erfahrungen oder schreiten sie mit dem Aufbau von Alternativen voran. Der anti-neoliberale Kampf wird weiter gehen und wird wachsen, je mehr das WSF sich wirklich mit den bestehenden Formen der Entwicklung der Idee von einer anderen Welt sich verknüpft.

(Emir Sader ist Exekutivsekretär von Clacso, Koordinator der Enzyklopedie des gegenwärtigen Lateinamerika und Autor, unter anderem des in der kommenden Woche erscheinenden Buches "Der neue Maulwurf".)

(Quelle des portugiesischen Originals: http://www.cartamaior.com.br/templates/colunaMostrar.cfm?coluna_id=4094)

(Übersetzung: Germana Alberti vom Hofe)

 

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