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Berichte

Kanadas Visa-Probleme werfen einen Schatten über das Weltsozialforum

Die Organisatoren sagen dass 70 Prozent der Delegierten die temporären Visa zum Besuch der globalen Veranstaltung der Zivilgesellschaft in Montreal verweigert wurden.

(von Jillian Kestler-D'Amours, Al Jazeera)

Toronto, Kanada - Als das Weltsozialforum in Montreal startet verwehren kanadische Visum-Verzögerungen und sofortige Ablehnungen zahlreichen eingeladenen Delegierten die Teilnahme an der jährlichen Menschenrechtsveranstaltung.

Die WSF-Organisatoren forderten kürzlich die kanadische Regierung auf zu intervenieren wegen dem, was sie als "Welle ungerechtfertigter Visaverweigerungen" beschreiben, welche die die Fähigkeit von Hunderten von Teilnehmern behindert an der Veranstaltung teilzunehmen, welche vom 9 bis 14 August stattfindet.

In diesem Jahr findet das Forum das erste Mal in der nördlichen Hemisphäre statt. Die Veranstaltung bringt Gruppen der Zivilgesellschaft und linke Aktivisten aus der ganzen Welt zusammen um über Menschenrechte, Umwelt und andere soziale Fragen zu diskutieren.

Von etwa 2000 Delegierten, die offizielle Einladungsschreiben zur Teilnahme erhalten haben, wurden mehr als 70 Prozent der Anträge auf temporäre Visa zur Einreise nach Kanada abgelehnt, sagte der Veranstalter, basierend auf vorläufigen Schätzungen.

"Viele Aktivisten aus Lateinamerika, Afrika und Asien erhielten eine negative Reaktion auf ihre Visa-Anträge  basierend auf inakzeptablen, ausgrenzenden und diskriminierenden Argumenten", sagten die Organisatoren in einer Erklärung.

"Das erste Mal"

Die Teilnehmer aus der Demokratischen Republik Kongo, Marokko, Iran, Haiti, Nigeria und Nepal waren am stärksten betroffen, ebenso wie andere aus Benin, Brasilien, Burkina Faso, Ecuador, Ghana, Mali, Togo und Palästina.

Jamal Juma, ein palästinensischer Menschenrechtsaktivist und Leiter der palestinensichen Kampagne Anti-Apartheid Mauer, bekam ein Visum für den Besuch des Forums in diesem Jahr, aber er sagte, das sieben anderen palästinensischen Teilnehmern die Anträge abgelehnt wurden.

"Dies ist das erste Mal, das so etwas beim Weltsozialforum passiert, beim größten Treffen für soziale Bewegungen aus der ganzen Welt", sagte Juma Al Jazeera in einem Telefoninterview aus Montreal am Dienstag.

"Das ist gegen die Bewegungsfreiheit. Das ist gegen die Redefreiheit der Menschen. Dies ist völlig undemokratisch und rassistisch. Es ist schockierend für alle", sagte er über die Visa-Probleme.

Die Gründe weshalb Teilnehmern die Anträge abgelehnt wurden reichten vom Fehlen eines "klares Zweckes" der Reise über Mangel an Geldmitteln oder die Überzeugung, dass der Antragssteller nicht zu seinem oder ihrem Heimatland zurückkehren würde.

Juma sagte er habe keinen Zweifel, dass die Visa-Verweigerungen einen Einfluss auf die WSF-Reden, Workshops und anderen Veranstaltungen haben würde.

"Wir machen die kanadische Regierung hierfür verantwortlich", sagte er.

Nie gefragt

Unter anderem wurde vier nigerianischen Journalisten, welche mit Sahara Reporter - einem investigativen Journalismus-Projekt - zusammenarbeiten, ihre Visa verweigert, weil sie keine Bankverbindung für die Organisation zur Verfügung stellten.

Aber Omoyele Sowore, der Gründer der Gruppe und Herausgeber, sagte Al Jazeera, dass er nie darum gebeten wurde diese Information zu senden oder die Anträge der Journalisten zu ändern.

"In dem Moment, wo sie entschieden es [das Weltsozialforum] auf ihrem Boden stattfinden zu lassen, sollten sie verstanden haben, dass es keinen Platz für Diskriminierung geben würde ... Für die kanadische Regierung, die 70 Prozent der Visa verweigert, zeigt dies, dass sie noch nicht bereit sind sich der Welt zu öffnen", sagte Sowore.

Die Behörde für Migration, Flüchtlinge und kanadische Bürgerschaft (IRCC) besitzt eine Abteilung, um Organisatoren von besonderen Veranstaltungen wie dem WSF bei kanadischen Visa zu helfen, sagte Nancy Caron, Sprecherin der kanadischen Behörde für Staatsbürgerschaft und Einwanderung, zu Al Jazeera.

Caron sagte dass die WSF-Organisatoren ihre Veranstaltung beim IRCC im letzten Frühjahr registrierten und die Abteilung ihnen die Informationen über Visa-Anforderungen und Fristen gegeben habe.

Aber sie sagte, dass das WSF-Team die Abteilung für Sonderveranstaltungen seit April nicht kontaktiert habe um über irgendwelche Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Visa zu berichten. Sie fügte hinzu, dass die Abteilung am Montag WSF-Organisatoren kontaktiert habe um zusätzliche Unterstützung anzubieten, aber sie keine Antwort erhalten habe.

Überraschte Antragsteller

"Alle Besucher von Kanada müssen die Anforderungen für einen vorübergehenden Aufenthalt in Kanada erfüllen, wie sie im Einwanderungs- und Flüchtlingsschutzgesetz festgelegt sind", sagte Caron in einer E-Mail. "Die Verantwortung liegt bei den Antragstellern zu zeigen, dass sie die Voraussetzungen für ein Besuchervisum erfüllen."

Ramy Ayari, ein tunesischer Aktivist, der die Gruppe Rechte für LGBTQ ohne Einschränkungen gründete, wurde ein Visum erteilt und er kam letzte Woche vor dem Forum in Kanada an.

Er sagte Al Jazeera dass er überrascht war dass sein Antrag genehmigt wurde, da ihm erst im vergangenen Mai ein temporäres Visum nach Kanada auf der Grundlage verweigert wurde, dass er keinen Job oder ein Bankkonto habe und noch nie gereist sei.

Ayari führte den jetzigen Erhalt des Visa auf den "enormen Druck" der Organisationen in Quebec für seinen Fall zurück, sagte aber, dass es enttäuschend war zu sehen dass so viele andere nicht eine ähnliche Chance hatten.

"Das Sozialforum wird für Menschenrechte organisiert, weshalb sie normalerweise jedermanns Visa-Antrag akzeptieren, so dass sie kommen können um über ihre Situation zu  sprechen und über das, was in ihren Ländern passiert", sagte er. "[Das] ist wirklich schockierend."

(Übersetzung aus dem Englischen von Torsten Trotzki)

 

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