zur Startseite
Das deutschsprachige Informationsportal
zur weltweiten Sozialforum-Bewegung
zur Startseite zur Startseite
| Aktuell  | Termine  | Links  | Forum  | Feedback  | Newsletter  | Suche: 
 
Schnell-Info
zurück zur Startseite

Berichte

Weltsozialforum in Montreal: Magere Beteiligung

Am Sonntag ist in Kanada das diesjährige Weltsozialforum zu Ende gegangen. Die erstmals im reichen Norden durchgeführte Konferenz hinterlässt eine zwiespältige Bilanz.

(von Jörg Michel, Edmonton, Neue Zürcher Zeitung)

Wenig beachtet von den Medien in Nordamerika, ist am Sonntag in Montreal das dreizehnte Weltsozialforum zu Ende gegangen. Das Treffen, das vor 16 Jahren als zivilgesellschaftlicher Gegenentwurf zum Weltwirtschaftsforum in Davos gegründet worden war, versammelte laut Medienberichten etwas mehr als 15 000 registrierte Teilnehmer, die sechs Tage lang zum Motto «Wir brauchen eine andere Welt» diskutierten.

Abnehmende Bedeutung

Die Beteiligung lag deutlich unter den Erwartungen der Veranstalter. Zu den besten Zeiten des Forums 2005 im brasilianischen Porto Alegre waren noch 120 000 Teilnehmer angereist. Dies sei nicht so schlimm, meinten die Organisatoren des Treffens von Montreal und verwiesen darauf, dass sich der Charakter des Forums über die Jahre eben verändert habe. Statt auf einen einzigen, grossen Termin im Jahr setze man zunehmend auf kleinere regionale Treffen rund um die Welt.

Tatsächlich lobten viele Teilnehmer die grosse Auswahl an Veranstaltungen, bei denen über Themen wie Armut, Krieg und Frieden, Klimawandel, Steuerflucht oder Flüchtlingspolitik diskutiert wurde. Um Alternativen zum Neoliberalismus ging es, um Steueroasen und um Finanztransaktionssteuern. Für Beachtung sorgten auch Aktionen gegen die Ausbeutung von Rohstoffen und gegen den Bau neuer Pipelines im Gastgeberland Kanada.

Immer wieder wurde auch die Frage gestellt, ob sich das Forum in die richtige Richtung entwickle und sich die Entscheidung gelohnt habe, das Treffen zum ersten Mal in einem der führenden Industriestaaten abzuhalten und nicht wie bisher in einem Land des globalen Südens. Mit der Wahl von Montreal wollte die Bewegung eigentlich ein Signal zur Überwindung des Nord-Süd-Gegensatzes setzen.

Doch es blieben Zweifel. Montreal sei kein guter Ort für ein Weltsozialforum gewesen, bilanzierte eine Aktivistin. Teilnehmer aus dem Süden waren wegen der hohen Reisekosten rar. Die Filmemacherin und Globalisierungskritikerin Naomi Klein sprach bei einer der Podien von einem «Erste-Welt-Sozialforum», und so war es zumeist auch. Nur eine Minderheit der Teilnehmer kam noch von der Südhalbkugel, aus Asien oder Afrika. Die meisten stammten aus Nordamerika. Eine Delegierte aus Westafrika klagte, ihr Kontinent sei kaum vertreten gewesen. Sie sehe nicht, wie das noch ein Weltsozialforum sein könne.

Fehlende Dolmetscher

Zur mangelnden Vielfalt kamen Verständigungsprobleme. Viele Podien wurden nur einsprachig abgehalten, oftmals nur auf Französisch. Der offizielle Übersetzungsdienst war wegen interner Unstimmigkeiten kurz vor der Konferenz abgesprungen. Dies führte dazu, dass wichtige Themen nur für Französischsprachige zugänglich waren.

Zum Auftakt berichteten die Medien über einen Streit um eine Karikatur im offiziellen Veranstaltungsprogramm, die von jüdischen Gruppen als antisemitisch empfunden wurde. Darauf liess die kanadische Regierung ihr Logo aus dem Kalender streichen.

Die eigentliche Botschaft für eine neue, bessere und linksalternative Welt ging da schon fast unter, zumal auch der Termin bei vielen Delegierten umstritten war. Zahlreiche Globalisierungskritiker wünschen sich, dass die Konferenz künftig wieder parallel zum Weltwirtschaftsforum in Davos stattfindet, damit das Profil wieder schärfer und der Charakter einer Gegenveranstaltung wieder deutlicher erkennbar wird. Auch dürfte das nächste Weltsozialforum als Folge der diesjährigen Erfahrungen wieder im globalen Süden stattfinden.

 

« zurück zur Übersicht