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Berichte

Wie soll ich das verstehen?

Anmerkungen zum praktischen Stand der internationalen Komunikation auf dem WSF 2005

(von Torsten Trotzki)

Sie tun ihr bestes, die 800 freiwilligen Helfer, darunter mehrere Hundert ÜbersetzerInnen aus allen Ländern. Dennoch fällt es gerade ausländischen Teilnehmer - sprich den Nicht-Lateinamerikanern - häufig schwer zu verstehen, was gerade berichtet, kommentiert, hinterfragt oder diskutiert wird. Denn wer kein Portugiesisch oder Spanisch versteht - den beiden einzigen Sprachen auf dem südamerikanischen Kontinent sowie Mittelamerika - der hat es schwer. Angefangen von den drei Programmheften, in dem zwar die Veranstaltungsüberschriften ausser in Spanisch auch in englischer und französischer Sprache nachzulesen sind, jedoch ohne Hervorhebung und kleingedruckt, was die Orientierung innerhalb der rund 2000 Terminankündigungen nicht gerade erleichtert.

Doch das ist nicht die einzige Hürde. Wer nämlich annimmt, das Weltsozialforum sei nichts anderes als ein großer alternativer Kongress zum Thema Anti-Neoliberalismus sei und Veranstaltungszusätze wie z.B. EN, FR oder ES ignoriert, wird mit größter Wahrscheinlichkeit in einer Veranstaltung landen, in dem er/sie nichts versteht, da bei Veranstaltungsankündigungen ohne Sprachzusatz grundsätzlich keine Uebesetzung zu erwarten ist.

Aber auch das Vorhandensein des verheißungsvollen Kürzels EN gleich Englisch - bei ca. 5% der Termine zu finden - bietet noch keine Gewähr für eine erfolgreiche Verständigung. Denn die technische Voraussetzung hierfür ist die Anwesenheit von teurer Simultan-Übersetzunghardware, da man hier nicht auf die konsekutive Uebersetzungsmethode setzte, bei der der/die Dolmetscher/in im Anschluss den Redebeitrag uebersetzt. Praktisch verlangt dies von allen Uebersetzungsbeduerftigen, dass alle zunächst einen individuellen Pfand auswählen muessen, der am Eingang zum Verstaltungsraum gegen ein Empfangsgerät eingetauscht wird. Sofern man als Ausländer nicht neben dem obligatorischen Reisepass auch noch die Personalausweis eingesteckt hat, gerät man dabei in einen ernsthaften Gewissenskonflikt: Riskiert man, dass eventuell der Reisepass abhanden kommt und man daher nicht wieder Brasilien verlassen darf oder verzichtet man auf den Luxus der Simultanübersetzung.

Entscheidet man sich für Ersteres, so droht zumindest in Veranstaltungszentren, welche viele Räume umfassen, gleich das nächste Problem: Die Übersetzungsanlagen, welche diesmal zum Einsatz kommen, verwenden für jede Sprache eine eigene Funkfrequenz, welche jedoch so nahe beieinander liegen, dass es durchaus vorkommen kann, dass man seine Frequenz am Empfangsgerät nicht richtig einzustellen vermag. Und daher am besten gleich das Gerät wieder abgibt, um dann hoffentlich wieder seinen Pass ausgehändigt zu bekommen.

Doch auch technisch Versierten kann es in Hallen, wo mehrere Veranstaltungen unter einem Dach stattfinden, passieren, dass sie praktisch ihren Übersetzer nicht zu hören vermögen. Zumindestens dann, wenn in den benachbarten Veranstaltungen, welche von der eigenen nur durch halbhohe dünne Holzwände getrennt sind, so laut dikutiert, musiziert, demonstiert oder anderes wird, dass auch mit einer maximalen Lautstärkeeinstellung nicht dagegen anzukämpfen ist.

Kann noch etwas schief gehen? Ja es kann! Wenn z.B. eine Italienerin ihr Referat in franzoesischer Sprache haelt, der/die Dolmetscher/in jedoch Franzoesisch nur als Zweitsprache beherrscht, faellt das Uebersetzungsergebnis gerade bei wissenschaftlichen Ausfuehrungen  mitunter bescheiden aus. Potenziert wird diese Problem, wenn die Zielsprache, in die die Uebersetzung erfolgt, fuer den/die Zuhoerer/in ebenfalls eine Zweitsprache darstellt.

Dabei ist es durchaus moeglich eine verlaessliche Uebersetzung zu organisieren und so die Kommunikation innerhalb des WSF auf ein neues Niveau zu heben: Man muesste sich im Vorwege auf nur zwei Konferenzsprachen einigen! Sofern das Weltsozialforum wie dieses Mal in Brasilien tagt, sollten dies Portugiesisch und Englisch sein. Denn in Latein- und Zentralamerika verstehen die Spanisch Sprechenden auch Portugiesisch, so wie die Europaer Englisch. Warum sollte das nicht moeglich sein? Bereits beim WSF 2004 in Mumbai / Indien galt: Konferenzsprache ist Englisch, daneben erfolgt eine konsekutive Uebersetzung in die wichtigsten indischen Dialekte.

Angesicht der fundamentalen Bedeutung der Sprache für eine internationale Zusammenarbeit ist dem Internationalen Rat des WSF dringend anzuraten, sich rechtzeitig vor dem naechsten Weltsozialforum des Themas Uerbesetzung zentral anzunehmen und es nicht wie diesmal einfach allen Veranstaltern selbst zu überlassen, eine Übersetzung zumindest in die englische Sprache zu organisieren.

 

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